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Synchronie und Diachronie im Jeremiabuch. Zu einem Kommentar von Georg Fischer SJ als Paradigma einer neuen Kommentargeneration


Seiten 353 - 359

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.13.2007.0353




München

1 Siehe auch meine Rezension des Kommentars von C. Houtman, Exodus III (2006), in: BiOr 59, 2002, 602–604.

2 Siehe G. Fischer, Das Trostbüchlein. Text, Komposition und Theologie von Jer 30–31, SBB 26, Stuttgart 1993.

3 Siehe G. Fischer, Zum Text des Jeremiabuches, Bib 78, 1997, 305–328; ders., Jeremia 52 – ein Schlüssel zum Jeremiabuch, Bib 79, 1998, 333–359. Der Verf. hat seine Interpretation des Jeremiabuches in einem großen Artikel in der RGG4 zusammengefasst; Siehe G. Fischer, Jeremia/Jeremiabuch, RGG4 IV, Tübingen 2001, 414–423. Die gegenwärtige Forschungsdiskussion und ihre Geschichte hat er seinen Kommentar begleitend dargestellt in: ders., Jeremia. Der Stand der theologischen Diskussion, Darmstadt 2007 (Siehe dazu die Rezension von H. Knobloch in diesem Jahrgang der ZAR). Der Verf. zeigt eindringlich, dass die Zeiten „wilder Exegese“ kleinräumiger literarischer Trennungen einer Vielzahl von Ergänzungen im Sinne eines „rolling corpus“ vorbei sein sollten.

4 Eine Bevorzugung des LXX-Textes unter dem christlich-hermeneutischen Gesichtspunkt Vetus Testamentum in Novo receptum wäre nicht einmal konsequent, da jüdische Schriften wie Bar, ParJer, Philo und Josephus dem MT den Vorzug geben (I S. 42).

5 Siehe dazu H.-J. Stipp, Das masoretische und alexandrinische Sondergut des Jeremiabuches. Textgeschichtlicher Rang, Eigenart, Triebkräfte, OBO 136, Fribourg/Göttingen 1994. Für eine Kommentierung des Jeremiabuches ist entscheidend, dass das Jeremiabuch in zweierlei Buchgestalten vorliegt (Siehe auch K. Schmid, Buchgestalten des Jeremiabuchs. Untersuchungen zur Redaktions- und Rezeptionsgeschichte von Jer 30–33 im Kontext des Buches, WMANT 72, Neukirchen-Vluyn 1996, 2–7), von denen als Grundlage der Kommentierung nur die des MT in Frage kommen kann.

6 Die vom Verf. aufgezeigte textkritische Ursprünglichkeit von Jer 52 MT gegenüber der LXX-Fassung spricht gegen Positionen, die pauschal den LXX-Text für ursprünglich halten. Umgekehrt gibt es MT-Sondergut, das, wie in Jer 30–33, das Jeremiabuch an die Tora heranrückt und darin protokanonische Funktion hat, was nun gerade dafür spricht, den MT zur Textgrundlage der Kommentierung zu machen; Siehe dazu E. Otto, Welcher Bund ist ewig? Die Bundestheologie priesterlicher Schriftgelehrter im Pentateuch und in der Tradentenprophetie im Jeremiabuch, in: Chr. Dohmen/Chr. Frevel (Hg.), „Für immer verbündet“. Studien zur Bundestheologie der Bibel, FS F.-L. Hossfeld, SBS 211, Stuttgart 2007, 161–170. Diese Spur sollte weiter verfolgt werden.

7 Der Verf. gibt zu erkennen, dass in Bezug auf die Psalmen das Urteil differenzierter ausfallen könnte. Die Rezeption von Psalmenliteratur v. a. in den sog. Konfessionen spricht für die umgekehrte Rezeptionsrichtung; Siehe dazu B. Gosse, Le prophète Jérémie et le Psautier, Trans 27, 2004, 69–88; ders., L'influence du livre d'Ezéchiel et du Psautier sur la rédaction du livre de Jérémie, OTE 18, 2005, 603–615. Die alte Position, in Jeremia den Urheber der Psalmendichtung zu sehen (Duhm u. a.), ist auch in neuem Gewand kaum wieder zu beleben. Unklar ist für den Verf. die Rezeptionsrichtung u. a. bei den Proverbien.

8 Der Preis, den der Verf. dafür zahlt, ist die These, dass grammatische Inkongruenzen als „Freiheit in der sprachlichen Gestaltung“ unter dem Stichwort der „Kreativität“ des Autors des Jeremiabuches verrechnet werden (I S. 50f.). Das allerdings zeigt, dass der sonst so eindringlich analysierten Sprachebene an dieser Stelle ein zu geringes Gewicht gegeben wird und deutliche Signale dafür, dass es sich auch im Jeremiabuch um einen Traditionstext handelt, zu wenig Beachtung geschenkt wird zugunsten der Globalthese, der Text sei literarisch einheitlich. Eine synchrone Auslegung bedeutet keineswegs, die Signale für ein literaturgeschichtliches Werden des Textes zu unterdrücken. So richtig es ist, aufgrund von Jer 36 nicht auf die Suche nach der Urrolle mit ipsissima verba des Propheten zu gehen, so zeigt die dort implizierte Verschriftungstheorie des Jeremiabuches doch, dass die Autoren wussten, dass es sich beim Jeremiabuch um einen literarisch gewachsenen Traditionstext handelt. So sehr ein neuzeitlicher Exeget modernen diachronen Hypothesen misstrauen darf, so wenig sollte er doch die antike Literaturtheorie, die der biblische Text selbst dem Leser mitteilt, übergehen. Das gilt nicht nur für das Jeremiabuch, sondern gleichermaßen für den Pentateuch.

9 Siehe u. a. G. H. Parke-Taylor, The Formation of the Book of Jeremiah. Doublets and Recurring Phrases, SBL.MS 51, Atlanta 2000.

10 Siehe dazu E. Otto, Jeremia und die Tora. Ein nachexilischer Diskurs, in: R. Achenbach/M. Arneth/E.Otto, Tora in der Hebräischen Bibel. Studien zur Redaktionsgeschichte und synchronen Logik diachroner Transformationen, BZAR 7, Wiesbaden 2007, (134–182) 134–160. Die Er-Berichte im Jeremiabuch liefern ein Narrativ als Rahmen für die Jeremia-Worte wie das Narrativ im Pentateuch sowie im Jubiläenbuch und in der Tempelrolle für die Torot in diesen Werken (Siehe dazu E. Otto, Die Rechtshermeneutik im Pentateuch und in der Tempelrolle, in: R. Achenbach/M. Arneth/E. Otto, a. a. O., 72–121) und noch wie die Evangelien im Neuen Testament; Siehe dazu E. Otto, Anmerkungen eines Alttestamentlers zu einer Ethik im Neuen Testament (erscheint 2008 in einem von F. Horn und R. Zimmermann herausgegenen Sammelband zur Ethik im Neuen Testament).

11 Siehe dazu E. Otto, Das Gesetz des Mose. Die Literatur- und Rechtsgeschichte der Mosebücher, Darmstadt 2007; ders., Die Rechtshermeneutik im Pentateuch und in der Tempelrolle, in: R. Achenbach/M. Arneth/E. Otto, Tora (BZAR 7), 72–121.

12 Siehe E. Otto, Jeremia (BZAR 7), 134–182.

13 Dabei wird eine komplexe Textgenese sowohl auf Seiten des Pentateuch wie des Jeremiabuches und daraus resultierend ein komplexes Wechselspiel gegenseitiger Rezeptionen erkennbar; siehe E. Otto, Old and New Covenant. A Post-exilic Discourse between the Pentateuch and the Book of Jeremiah. Also a Study of Quotations and Allusions in the Hebrew Bible, OTE 19/3 (FS J. LeRoux), 2006, 939–949. So bedienen sich die Autoren des Jeremiabuches der gleichen Methoden bei der Auslegung von Überlieferungen, die sie Jeremia in den Mund legen, wie die priesterlichen Autoren der Tora, die ihre Auslegungen Mose zusprechen; Siehe dazu E. Otto, Scribal Scholarship in the Formation of Torah and Prophets. A Postexilic Scribal Debate Between Priestly Scholarship and Literary Prophecy. The Example of the Book of Jeremiah and Its Relationship to the Pentateuch, in: G. Knoppers u. a. (Hg.), Pentateuch as Torah. New Models for Understanding Its Promulgation and Acceptance, Winona Lake 2007.

14 Siehe dazu auch G. Fischer SJ, Partner oder Gegner? Zum Verhältnis von Jesaja und Jeremia, in: F. Hartenstein/M. Pietsch (Hg.), „Sieben Augen auf einem Stein“ (Sach 3,9). Studien zur Literatur des Zweiten Tempels. FS I. Willi-Plein, Neukirchen-Vluyn 2007, 69–80. Zum Wechselverhältnis zwischen Jesajabuch und Pentateuch Siehe B. D. Sommer, A Prophet Reads Scripture. Allusions in Isaiah 40–66, Contraversions, Stanford 1998.

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