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Die Komposition der Völkersprüche in Amos 1,3-2,16


Seiten 249 - 263

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.10.2004.0249




München

1 Cf. pars pro toto J. Wellhausen, Israelitische und jüdische Geschichte, Berlin 91958, 104–110.

2 Zuletzt G. Steins, Amos 7-9 - das Geburtsprotokoll der alttestamentlichen Gerichtsprophetie?, in: F.-L. Hossfeld (Hg.), Das Manna fallt auch heute noch. FS E. Zenger, HBS 44, Freiburg i.Br. 2004, 585–608; U. Becker, Der Prophet als Fürbitter: Zum literarhistorischen Ort der Amos-Visionen, VT LI, 2001, 141–165; R.G. Kratz, Die Worte des Amos von Tekoa, in: M. Köckert u.a. (Hg.) Propheten in Mari, Assyrien und Israel, FRLANT 201, Göttingen 2003, 54–89; anders: J.C. Gertz, Die unbedingte Gerichtsankündigung des Amos, in: F. Sedlmeier (Hg.), Gottes Wege suchend. FS R. Mosis, Würzburg 2003, 153–170.

3 Vor allen Dingen im Gefolge der Untersuchung von V. Fritz, Die Fremdvölkersprüche des Amos, in: ders., Studien zur Geschichte und Literatur des alten Israel, SBAB 22, Stuttgart u.a. 1997, 97-108, der auf die Zeit nach 722 v. Chr. verweist; cf. etwa H.M. Niemann, Theologie im geographischen Gewand. Zum Wachstumsprozeß der Völkerspruchsammlung Amos 1-2, in: ders. u.a. (Hg.), Nachdenken über Israel, Bibel und Theologie. FS K.-D. Schunk, Frankfurt a.M. u.a. 1994, 177–196; D. Vieweger, Zur Herkunft der Völkerworte im Amosbuch unter besonderer Berücksichtigung des Aramäerspruchs (Am 1,3-5), in: P. Mommer (Hg.), Altes Testament - Forschung und Wirkung. FS H. Graf Reventlow, Frankfurt a.M. 1994, 103–119; cf. zum Problembestand insgesamt nach wie vor K. Koch u.a., Amos untersucht mit den Methoden einer strukturalen Formgeschichte. Teil 1, AOAT 30, Neukirchen-Vluyn 1976, 106ff.246ff.; I. Willi-Plein, Das Zwölfprophetenbuch, ThR64, 1999, 353-361.391ff.

4 So wird vor allen Dingen die Fünfzahl der Visionen als Analogie zu dem ursprünglich fünfgliedrigen Zyklus der Völkersprüche herangezogen - und umgekehrt. Cf. etwa H. Gese, Komposition bei Amos, in: ders., Alttestamentliche Studien, Tübingen 1991, 108; J. Jeremias, Völkersprüche und Visionsberichte im Amosbuch, in: ders., Hosea und Amos, FAT 13, Tübingen 1995, 157–171.

5 Cf. etwa die Studien von J. Nogalski, Literary Precursors to the Book of the Twelve, BZAW 217, Berlin u.a. 1993; ders., Redactional Process in the Book of the Twelve, BZAW 218, Berlin u.a. 1993; A. Schart, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs. Neubearbeitungen von Amos im Rahmen schriftenübergreifender Redaktionsprozesse, BZAW 260, Berlin u.a. 1998.

6 Anders etwa die neueren Kommentare von F.I. Andersen/D.N. Freedman, Amos, AB, New York u.a. 1989, und S.M. Paul, Amos, Hermeneia, Minneapolis 1991.

7 Ob eine literarische Gestalt der Israelstrophe rekonstruierbar ist (cf. etwa G. Fleischer, Von Menschenverkäufern, Baschankühen und Rechtsverkehrern, BBB 74, Frankfurt a.M. 1989, 25ff.41ff.), die noch nicht über den Zahlenspruch an die Völkersprüche angebunden war, ist erst aufgrund der Kompositionsanalyse zu entscheiden; s.u.

8 Cf. etwa W.H. Schmidt, Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches. Zu den theologischen Unterschieden zwischen dem Prophetenwort und seinem Sammler, ZAW 77, 1965, 174f.; H.W. Wolff, Joel und Amos, BK AT 14,2, Neukirchen-Vluyn 31985, 170f.; P. Höffken, Untersuchungen zu den Begründungselementen der Völkerorakel des Alten Testaments, Diss. Bonn 1977, 46–48; H. Gese, Komposition bei Amos, 106–108.

9 Cf. etwa schon K. Marti, Dodekapropheton, KHC 13, Tübingen 1904, 144ff.; ders., Zur Komposition von Am 1,3-2,3, in: W. Frankenberg u.a. (Hg.), Abhandlungen zur semitischen Religionskunde und Sprachwissenschaft. FS W.W. Graf von Baudissin, BZAW 33, Gießen 1918, 323–330; G. Pfeifer, Denkformanalyse als exegetische Methode, erläutert an Amos 1,2-2,16, ZAW 88, 1976, 62. Nimmt man an, sie sei sekundär, so hat das zwar den positiven Effekt, daß dem Ursprungszyklus dann eine Nord-Süd-Orientierung zugrunde liegt. Doch liegt dieses geographische Argument natürlich nicht auf einer Ebene mit literarischen Beobachtungen. Für den sekundären Charakter der Philisterstrophe wird denn auch zusätzlich auf die enge Anlehnung an die Aramäerstrophe in der Gerichtsankündigung (Am 1,5aβ||v.8a), durch die aufgrund der Stufung der Funktionen die Symmetrie der Philisterstädte tangiert werde, sowie die Erwähnung von Edom verwiesen, die sich so nur noch in den sekundären Sprüchen finde und die spätere Zeiten voraussetze.

10 Cf. H.M. Niemann, Theologie im geographischen Gewand, 180ff.; J. Jeremias, Zur Entstehung der Völkersprüche im Amosbuch, in: ders., Hosea und Amos, FAT 13, Tübingen 1995, 172ff.; ders., Der Prophet Amos, ATD 24,2, Göttingen 1995, 12f.

11 Cf. etwa die Zusammenstellung und Einteilung bei J, Jeremias, Der Prophet Amos, 11ff., der zwar wesentliche Argumente für die paarweise Anordnung der Aramäer- und Philister- sowie der Ammon- und Moabstrophe, sodann die für die Parallelanordnung der Paare auflistet, aber nicht auf die vierte Kategorie, nämlich die der chiastischen Entsprechungen eingeht.

12 Die kompositionellen Gemeinsamkeiten sind vielfach beschrieben worden; cf. etwa W.H. Schmidt, Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, 174f.; P. Höffken, Untersuchungen zu den Begründungselementen der Völkerorakel des Alten Testaments, Diss. Bonn 1977, 46f.; A.E. Steinmann, The Order of Amos's Oracles Against the Nations: 1:3-2:16, JBL 111, 1992,683-689.

13 Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Verfasser in Am 1,5a||1,8abα in der Abfolge der Städte bzw. Gebiete - natürlich im Rahmen des geographisch Möglichen - eine Wortassonanz bzw. Alliteration beabsichtigte; עקרון - ביח עדן ;אשקלון - בקעת־און ;אשדוד - דמשק. Dasselbe gilt wohl auch für die Gegenüberstellung des בית חזאל (v.4a) und von עזה (v.7a) im Feuerspruch.

14 Zur Sonderstellung von Am 2,3 in der Komposition s.u.

15 Ob die beiden auffälligen Varianten in den für alle vier Sprüchen konstanten Elementen in Am 1,8bγ (אמר אדני יהוה) und v.14aα (והצתי statt ושלחתי) in diesem Zusammhang verständlich gemacht werden können - immerhin finden sich die Abweichungen nur in den beiden mittleren Strophen - kann allenfalls erwogen werden. Der Hinweis von H. Gese, Komposition bei Amos, 107, der אמר אדני יהוה als Signal für die Abgrenzung des ersten Paares deutet, verdient weiterhin Beachtung.

16 Literarische Vernetzungen auf mehreren Ebenen sind nicht ungewöhnlich und finden sich etwa auch - mit Blick auf den weisheitlichen Hintergrund des Zahlenspruchs nicht unerheblich - in den Spruchsammlungen der Prov, etwa Prov 10,1-5; cf. hierzu R. Scoralick, Einzelspruch und Sammlung. Komposition im Buch der Sprichwörter Kapitel 10-15, BZAW 232, Berlin u.a. 1995, 169ff.; A. Meinhold, Die Sprüche, Teil 1: Kapitel 1-15, ZBK AT 16,1, Zürich 1991, 164f. Auch für die Rechtssatzredaktion sind sie einschlägig; cf. E. Otto, Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284, Berlin u.a. 1999, Kap. III. IV. 1.2.

17 Das ist nur dann vorstellbar - allerdings literarisch nicht nachzuweisen -, wenn es im Zuge der Einfügung der Philisterstrophe zu einer umfassenden Bearbeitung aller vier Strophen gekommen sein sollte.

18 Die Art und Weise, wie die Einbindung der Tyros- und Edomstrophe in den Zusammenhang der ursprünglichen Völkersprüche vorgenommen wird, zeigt, daß der Ergänzer die Komposition von Am 1,3-8; 1,13-2,3 durchschaut hat.

19 Cf. etwa W.H. Schmidt, Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, 176.

20 Diese zweite Möglichkeit ist nicht unwahrscheinlich, denn die noch in ihrem Zusammenhang zu beschreibende Juda- und Israelstrophe nehmen keineswegs kompositionell Am 1,3-12 vergleichbar auf die Ammon- und Moabstrophe Bezug. Zudem bleiben die Verweise der Amnion- und Moabstrophe auf das erste Paar erhalten, Am 1,13-2,3 werden nur zurückgesetzt. Und noch eine weitere Beobachtung ist in diesem Zusammenhang einschlägig: Während bei Aramäern und Philistern im Zahlenspruch eine Stadt und bei Ammonitern und Moabitern ein Land genannt werden, so bietet das neu hinzugekommene Paar zunächst eine Stadt (Tyros) und dann ein Land (cf. hierzu die Übersicht bei A.E. Steinmann, The Order of Amos's Oracles Against the Nations: 1:3-2:16, 687). Das deutet auf eine Zentralposition innerhalb der ersten sechs Strophen hin. Die Abgrenzung, die dem Verfasser vorschwebte, dürfte zwischen Am 1,3-2,3 und Am 2,4-16 verlaufen. D.h. Juda und Israel nehmen in der Gesamtkomposition eine Sonderstellung ein; s.i.f.

21 אח, akkad. ahu, gehört als terminus technicus für den Vertragspartner in den Bereich des Vertragsrechts; cf. etwa die Belege bei S.M. Paul, Amos, Hermeneia, Minneapolis 1991, 61f. Das Interesse des Verfassers lag also auf der - gegenüber den ursprünglichen Strophen expliziten -Nennung der Normgröße, also der ברית אחים, die allerdings im AT traditionsgeschichtlich keine wirklich erhellenden Parallelen hat.

22 Zur Frage des traditionsgeschichtlichen Hintergrundes der seit W.H. Schmidt, Die deuteronomistische Redaktion des Amosbuches, 177ff., einer dtr Redaktion zugeschriebenen Passagen Am 2,4f.10-12; 3,1 cf. die Kritik von N. Lohfink, Gab es eine deuteronomistische Bewegung?, in: ders., Studien zum Deuteronomium und zur deuteronomistischen Literatur, SBAB 20, Stuttgart 1995, 80ff.

23 Die Argumente sind im wesentlichen bei D.U. Rottzoll, Studien zur Redaktion und Komposition des Amosbuchs, BZAW 243, Berlin u.a. 1996, 51, zusammengestellt; cf. auch H.W. Wolff, Joel und Amos, 172; M. Köckert, Das Gesetz und die Propheten in Amos 1-2, in: J. Hausmann u.a. (Hg.), Alttestamentlicher Glaube und Biblische Theologie. FS H.D. Preuß, Stuttgart u.a. 1992, 147f.

24 Cf. W. Dietrich, JHWH, Israel und die Völker beim Propheten Amos, ThZ 48, 1992, 320f.

25 Etwa H. Gese, Komposition bei Amos, 110.

26 Daraufweist zu Recht auch W. Dietrich, JHWH, Israel und die Völker beim Propheten Amos, 321, hin. Der sekundäre Charakter der kultbezogenen Zusätze wird indes nicht immer als begründungspflichtig angesehen bzw. mit dem Hinweis, Am 2,8 wirke überladen oder die Zusätze seien nicht unbedingt nötig, ausgeschieden; cf. etwa A. Schart, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs, 58f.

27 Cf. etwa A. Weiser, Die Profetie des Amos, BZAW 53, 1929, 90.

28 Diese Beobachtung wird von den Schwierigkeiten, die Am 2,7aa beinhaltet, nicht berührt. Man kann auch aufgrund der Komposition die Aussscheidung von על־עפר־ארץ erwägen; cf. aber H. Gese, Komposition bei Amos, 110.

29 Zu den Besonderheiten von Am 2,11f. s.u.

30 Die Belege für das hier angesprochene Vorgehen Jahwes sind nicht sonderlich umfangreich. Die Kombination von האמרי und שמד findet sich für ein Handeln Jahwes an den Amoritern nur noch in Jos 24,8. Die anderen Belegstellen Dtn 1,27; 31,4 sprechen von der Vernichtung der Amoriter durch Israel et vice versa. Die Zuweisung aufgrund dieser Indizien in den wie auch immer zu differenzierenden dtr Traditionsstrom ist nicht sonderlich stichhaltig. Schwer zu entscheiden ist auch, ob dem Verfasser die Amoriter als ursprüngliche Gesamtbevölkerung Palästinas galten (so D.U. Rottzoll, Studien zur Redaktion und Komposition des Amosbuchs, 52ff.), oder nur exemplarisch - und im AT singular - wegen ihrer herausragenden Eigenschaften genannt werden, was die Komposition nahelegt. Innerhalb des Amosbuches ist für die Verwendung von שמד auf Am 9,8 zu verweisen.

31 Der Wechsel in die 2. Pers. Pl. kann eine sekundäre Angleichung an Am 2,10-12 sein.

32 Der Sachverhalt ist oftmals beschrieben worden, cf. etwa H.W. Wolff, Joel und Amos, 173.

33 Ob damit die Strafankündigung auf eine soziale Gruppe, in diesem Fall das Heer, eingeschränkt werden soll, wie das H. Reimer, Richtet auf das Recht! Studien zur Botschaft des Amos, SBS 149, Stuttgart 1992, 53, herausstellt, wird man angesichts der Wirkungen einer militärischen Katastrophe auch für das Volk nicht behaupten können.

34 Cf. H.W. Wolff, Joel und Amos, 164; eine ausführliche Zusammenstellung der bisherigen Positionen findet sich bei D.U. Rottzoll, Studien zu Redaktion und Komposition des Amosbuchs, 71f. Für den engen Zusammenhang von v. 14b.15aβ cf. etwa VTE § 77:,573(Dito,) mögen alle Götter … euren Bogen zerbrechen und euch zu Füßen eures Feindes 574sitzen lassen, den Bogen (qaštu) in euren Händen umwenden, 575eure Streitwagen (narkabātēkunu) nach rückwärts fahren lassen”; cf. K. Watanabe, Die adě -Vereidigung anläßlich der Thronfolgeregelung Asarhaddons, Baghd. M. Beih. 3, Berlin 1988, 169f.

35 Cf. etwa S.M. Paul, Amos, 95, dessen Kompositionsanalyse aufgrund der vielfältigen Stichwortwiederholungen auf der Endtextebene allerdings nicht aufgeht. So kann etwa der קל nicht integriert werden.

36 Diese Beobachtung spricht dagegen, daß aufgrund der Hinzufugung des kultischen Begründungssatzes למען חלל את־שם קדשי mit einem Textverlust zu rechnen ist; cf. H.W. Wolff, Joel und Amos, 163; G. Fleischer, Von Menschenverkäufern, 32; aufgenommen bei A. Schart, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs, 58f. Ebenso verbietet es sich, in Am 2,8 nach Abzug der kultischen Ergänzungen aus v.8a und v.8b ein Bikolon zu rekonstruieren. Und nicht zuletzt spricht der Aufbau von Am 2,7ba.8aa dagegen, allein aufgrund der semantischen Probleme von יטו einschneidene Konjekturen und Versumstellungen vorzunehmen; so zuletzt D.U. Rottzoll, Studien zur Redaktion und Komposition des Amosbuchs, 66f.

37 Die kultbezogenen Ergänzungen dürften auf dem Hintergrund der Komposition in Am 2,6b-8a* in einem Zuge mit der partiellen Revision des zugrundeliegenden Kompositionsmusters zugunsten der Siebenerstruktur literarisch zugesetzt worden sein. Indizien für einen zweistufigen Bearbeitungsvorgang, der zwischen den Erweiterungen in v.8 - die dann einer an Hosea orientierten, spätvorexilischen Bearbeitung zugewiesen werden - und der in v.7bβ (exilisch) nochmals differenziert (cf. J. Jeremias, Der Prophet Amos, XXI.24; ähnlich auch A. Schart, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs, 59.98.131), sind nicht zu erkennen. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß bei der Bearbeitung von 2,8 die Theologie Hoseas/des Hoseabuchs Pate gestanden hat, doch ist der traditionsgeschichtliche Hintergrund von 2,7 חלל אודשם קדשי למען) mit in Rechnung zu stellen. Die Parallelen finden sich bekanntermaßen im Heiligkeitsgesetz (Lev 20,3; 22,2.32) und bei Ezechiel (Ez 20,39; 36,20-22; 39,7). Zu Am 2,8aa ([מזבח אצל [כל) cf. Lev 1,16; 6,3; 10,12; Dtn 16,21; 1 Reg 2,29; 2 Reg 12,10; Ez 9,2.

38 Cf. D.U. Rottzoll, Studien zur Redaktion und Komposition des Amosbuchs, 60f. Die These wird im wesentlichen auf die Nichtableitbarkeit des Nasiräats aus der dtr Tradition und des chiastischen Anschlusses von Am 2,12a an 2,8ba gegründet. Während sich für die Verbindung von Auszugstradition und Prophetensendung eine Parallele (Jer 7,25f.) angeben läßt (cf. M. Köckert, Das Gesetz und die Propheten in Amos 1-2, 152), ist dies mit Blick auf die Nasiräer in der Tat nicht der Fall. Die Hypothetik dieses Vorschlags läßt sich durch die Beobachtungen zur Komposition von Am 2,6-8* sowie von 2,10-12 begrenzen. Keinesfalls zwingend ist jedoch der Schluß D.U. Rottzolls, Am 2,9 sei sekundär, weil sich der Verfasser von 2,10-12 der zu erschließenden ursprünglichen Fortsetzung von v.8b* bediente; s.i.f.

39 Cf. etwa G. Fleischer, Von Menschenverkäufern, 38; A. Schart, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs, 60f. u.v.m.

40 Am 2,10 weist keinerlei kompositionelle Besonderheiten auf. Die viel verhandelte Frage, wo Am 2,10-12 und insbesondere v.10 traditionsgeschichtlich zu verorten ist, soll hier nicht eigens aufgerollt werden (cf. die in Anm. 22 genannte Lit.). Es erscheint uns allerdings nicht ganz abwegig zu sein, daß sich der Verfasser von v.10, stellt man in Rechnung, daß die einzige Parallele zur Amoritervernichtung durch Jahwe in v.9 in Jos 24,8 (ואשמידם מפניכם) steht, Jos 24 aber auch alle anderen in Am 2,10 genannten Themen bietet (cf. zum Auszug: Jos 24,5f.[עלה]17.[יצא]; zum Wüstenaufenthalt: Jos 24,7b; Einnahme des Amoriterlandes durch Israel [ותירשו את־ארצם]), möglicherweise - mit Blick auf 2,11f. neben Jer 7,25f. - auch an diesem Text orientiert hat.

41 Von dem folgenden, ebenfalls konzentrisch aufgebauten v.13 sowie von den Chiasmen v.6b-9.14f.* ist die Kompositionstechnik allerdings deutlich unterschieden. Denn während in Am 2,6b-9.13-15* die chiastische Struktur jeweils mittels der Syntax gestaltet ist - auch in v.9 ist dies zumindest in v.9aβγ der Fall -, verwendet der Verfasser von v.11f. hierzu lediglich identische Stichworte.

42 Die literarische Priorität mit Blick auf Am 8,4ff. dürfte in kompositioneller Hinsicht nach wie vor bei der Israelstrophe liegen (cf. etwa J. Jeremias, Amos, 115f.; ders., Amos 8,4-6 - ein Kommentar zu 2,6f., in: ders., Hosea und Amos, 231–243; anders C. Levin, Das Amosbuch der Anawim, in: ders., Fortschreibungen, BZAW 316, 278), da die Anklagepunkte in 2,6-8* alle dem chiastischen Anordnungsprinzip folgen, während dies in 8,4ff. bezeichnenderweise nur in v.6a der Fall ist.

43 Die Frage nach der zeitlichen wie auch mit Blick auf die verwendeten Schreibertechniken literatursoziologischen Einordnung der ursprünglichen Völkersprüche müssen also an diesem Punkt einsetzen.

44 Der Sachverhalt, daß in Am 1-2 sieben Völkersprüche und die Israelstrophe vorliegen, ist kein Gegeneinwand, denn zum einen sind die sieben Völkersprüche formal auch von der Israelstrophe abgehoben, zum anderen werden die Anklagen in 2,6-8 durch die Bearbeitung zwar auf die Siebenzahl reduziert, zugleich - gewissermaßen als Höhepunkt - aber ein davon abgehobener Anklagekomplex (2,12) eingeführt.

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