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Die universelle Rechtsordnung des Gottesknechts. Zum Verständnis von םִשְׁפׇּט im ersten Lied vom Gottesknecht (Jes 42,1-4)


Seiten 264 - 277

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.10.2004.0264




Bonn

1 Vgl. zu Abgrenzung und Diskussion der vier Lieder z.B. J. van Oorschot, Von Babel zum Zion. Eine literarkritische und redaktionsgeschichtliche Untersuchung, BZAW 206, Berlin, New York 1993, 178ff. Das erste Lied kann mit O. Kaiser, Der königliche Knecht. Eine traditionsgeschichtlich-exegetische Studie über die Ebed-Jahwe-Lieder bei Deuterojesaja, FRLANT 70, Göttingen 21962, 14ff., aufgrund gattungskritischer Erwägungen auch weiter (V.1-9) gefasst werden; V.1-4 bilden für Kaiser dabei einen eigenen funktionalen Abschnitt innerhalb der gesamten Einheit. S. hierzu auch unten unter 4.

2 Vgl. H.-J. Hermisson, Deuterojesaja, BK AT XI,8, Neukirchen-Vluyn 2003, 356f.

3 J′ Jeremias, משפט im ersten Gottesknechtslied (Jes. XLII 1-4), VT 22, 1972 (31–42).

4 Vgl. R.P. Merendino, Der Erste und der Letzte. Eine Untersuchung von Jes 40-48, VT.S 31, Leiden 1981, 210.

5 Jeremias, משפט (s.o. Anm. 3), 39.

6 Jeremias, משפט (s.o. Anm. 3), 40 (Kursivierungen dort).

7 So erinnert Jes 49,1 inhaltlich an Jer 1,5. Das vierte Lied, Jes 52,13-53,12, weist im stummen Leiden des Knechts Bezüge zu den Konfessionen im Jeremiabuch auf: Vgl. Jes 53,7 mit Jer 11,19. Wenn sich auch das vierte Lied mit Jes 52,13 redaktionell sicher auf Jes 42,1 beziehen möchte, so sagt dies aber noch nichts über die tatsächliche Identifizierung der beiden Knechtsgestalten aus.

8 Vgl. Kaiser, Knecht (s.o. Anm. 1), 14ff.

9 Zur These Duhms, dass die Lieder vom Gottesknecht als eigene Sammlung in das Werk Deuterojesajas Aufnahme gefunden hätten, vgl. R.G. Kratz, Kyros im Deuterojesaja-Buch. Redaktionsgeschichtliche Untersuchungen zu Entstehung und Theologie von Jes 40-55, FAT 1, Tübingen 1991, 144ff. Kratz hält - mit Anfragen - an der These Duhms fest, verweist jedoch auch auf die starke redaktionelle Einbindung und damit auch Deutung dieser Texte innerhalb des Entstehungsprozesses des Gesamtwerks.

10 Vgl. Merendino, Erste (s.o. Anm. 4), 210.

11 Vgl. Meyer, HG § 100,2.

12 Vgl. zum im Alten Testament einmaligen לאמת A. Jepsen, Art. אמן, ThWAT 1, (313-348) 338.

13 Vgl. Jeremias, משפט (s.o. Anm. 3), 36f., mit Beispielen.

14 Vgl. Jeremias, משפט (s.o. Anm. 3), 37.

15 Genau diese Beobachtung machte es für Duhm unwahrscheinlich im Verfasser der Gottesknechtslieder Deuterojesaja zu sehen. Vgl. B. Duhm, Das Buch Jesaja, Göttingen 51968, 311.

16 Vgl. H.-J. Klimkeit, Der leidende Gerechte in der Religionsgeschichte. Ein Beitrag zur problemorientierten “Religionsphänomenologie”, in: H. Zinser (Hg.), Religionswissenschaft. Eine Einführung, Berlin 1988, (164-184) 171.

17 Vgl. K. Elliger, Deuterojesaja, BKAT XI,3, Neukirchen-Vluyn 1971, 207; B. Johnson, Art. משפט, ThWAT 5, (93-107) 102f.

18 Vgl. Kaiser, Knecht (s.o. Anm. 1), 26f., mit Verweis auf u.a. Jes 46,7. Gleiches gelte auch für die Fügung in V.2b, so dass Kaiser für den Sinn von V.2 festhält, “(…) daß der Erwählte Jahwes keinen Grund zu einem lauten Klagegeschrei erhalten wird.”

19 Ähnlich wird auch auf dem Kyros-Zylinder die Erwählung des Kyros durch Marduk bewertet. In Klagetopik (so verlassen z.B. die Götter als Zeichen des Chaos ihre Wohnstätten, Z. 9) wird der Zustand unter Nabonid geschildert (Z.1-11), der Umschwung erfolgt mit der Erwählung des Kyros, der sich als Herrscher in “Recht und Gerechtigkeit” auszeichnet (Z. 13f.) und damit dem trostlosen Zustand ein Ende bereiten kann, wie im Fortgang des Textes deutlich wird. Vgl. zum Text P.-R. Berger, Der Kyros-Zylinder mit dem Zusatzfragment BIN II Nr. 32 und die akkadischen Personennamen im Danielbuch, ZA 64, 1975, (192-234) 193ff.

20 So u.a. auch Elliger, Deuterojesaja (s.o. Anm. 17), 207f.

21 O.H. Steck, Aspekte des Gottesknechts in Deuterojesajas “Ebed-Jahwe-Liedern”, ZAW 96, 1984, (372-390) 380 Anm. 29, interpretiert den Auftrag des Knechts in Jes 42,1-4 im Sinne eines “(…) Auftrags aktiver Redehinwendung zu den Völkern (…)”, doch van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 184f., hat demgegenüber geltend gemacht, dass bereits die “Rahmengattung des Präsentationswortes” in Jes 42,1-4 nicht auf eine Identifikation des Knechts mit einer prophetischen Figur hinweise.

22 Vgl. hierzu bereits W. Schmidt, Königtum Gottes in Ugarit und Israel. Zur Herkunft der Königsprädikation Jahwes, BZAW 80, Berlin 1961, 27ff., sowie jetzt H. Niehr, Art. שפט, ThWAT VIII, (408-428) bes. 417ff.

23 Vgl. H. Klengel, König Hammurapi und der Alltag Babylons, Darmstadt 1991, 181 (Abb.), 184f.

24 Vgl. H. Niehr, The Constitutive Principles for Establishing Justice and Order in Northwest Semitic Societies with Special Reference to Ancient Israel and Judah, ZAR 3, 1997, (112–130), 120ff.

25 Vgl. M. Arneth, “Sonne der Gerechtigkeit”. Studien zur Solarisierung der Jahwe-Religion im Lichte von Ps 72, BZAR 1, Wiesbaden 2000, 163f.

26 Vgl. ebd. und passim.

27 Vgl. Niehr, Principles (s.o. Anm. 24), 121f.

28 Nach u.a. Sellin und v. Rad hat sich nun besonders Baltzer für eine Mosetypologie innerhalb der Gottesknechtslieder ausgesprochen. Vgl. K. Baltzer, Deutero-Jesaja, KAT X,2, Gütersloh 1999, 171ff. Diese Deutung hat neben einigen bestehenden Vorteilen bezüglich der verwendeten Terminologie indes auch Schwachpunkte. Zunächst legt die deiktische Partikel הן einen aktuell-hinweisenden Bezug des Knechts nahe. Das hieße, die geschichtliche Gestalt des Mose würde hier als aktuelle Heilsfigur, gewissermaßen als Moses redivivus, eingeführt werden, ohne dass dessen Name explizit erwähnt wäre. Es ist fraglich, ob die nicht unbedingt eindeutigen Anspielungen des Textes (עבד Geistbegabung) diese Identifikation wirklich tragen können. Dann besteht das Problem der weltweiten Errichtung des göttlichen משפט, das durch den Hinweis auf die Mosetypologie noch nicht geklärt ist. An dieser Stelle besteht ein Desiderat, das für die hier favorisierte Lösung im folgenden Abschnitt einer Klärung zugeführt werden soll.

29 Auch die Geistbegabung gehört zum Inventar der Beschreibung des königlichen Charismas. Vgl. l.Sam 10,1ff.; 16,13f.; 2. Sam 23,1f. Funktional dient die Hervorhebung der Geistbegabung des Knechts in Jes 42,1-4 dazu, den göttlichen Charakter des משפט sicherzustellen.

30 Vgl. Kaiser, Knecht (s.o. Anm. 1), 18ff.; van Oorschot, Babel (s.o. Anrn. 1), 184f.

31 Vgl. W. Fauth, Diener der Götter - Liebling der Götter. Der altorientalische Herrscher als Schützling höherer Mächte, Saeculum 39, 1988, (217-246), der die in Jes 42,1 genannten Aspekte des Dienens, der Erwählung sowie des Gefallens seitens der Gottheit für die altorientalischen Belege aufweist.

32 Bezeichnenderweise begegnet in Ps 72 eine ökumenische Perspektive erst in den sekundären Partien (V.8-11), die Arneth, Sonne (s.o. Anm. 25), 44ff., exilisch/frühnachexilisch datiert.

33 Vgl. G. Ahn, Religiöse Herrscherlegitimation im achämenidischen Iran. Die Voraussetzungen und die Struktur ihrer Argumentation, AcIr 31, Leiden, Louvain 1992, 255ff.

34 Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 271. Vgl. auch den Abschnitt 258ff.

35 Vgl. M.C. Root, The King and Kingship in Achaemenid Art. Essays on the Creation of an Iconography of Empire, AcIr 19, Leiden 1979, 248f. und passim; Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 272ff.; U. Rüterswörden, dominium terrae. Studien zur Genese einer alttestamentlichen Vorstellung, BZAW 215, Berlin, New York 1993, 121ff.; P. Frei, K. Koch, Reichsidee und Reichsorganisation im Perserreich, OBO 55, Freiburg (Schweiz), Göttingen 21996, 159ff. (jeweils mit Abb. und/oder ausfuhrlicher Diskussion).

36 Übersetzung: R.G. Kent, Old Persian. Grammar, Texts, Lexicon, American Oriental Series 33, New Haven 1953, 119.

37 Übersetzung: Kent, Old Persian (s.o. Anm. 36), 138. Vgl. auch die ähnliche Übersetzung von R. Schmitt, The Old Persian Inscriptions of Naqsh-i Rustam and Persepolis, Corpus Inscriptionum Iranicarum 1,1, London 2000, z. St.

38 Vgl. Kent, Old Persian (s.o. Anm. 36), Lexicon, s.v. ldar-.

39 M. Boyce, A History of Zoroastrism II, HdO 1,8,2,2 A, Leiden, Köln 1982, 121.

40 Root weist darauf hin, dass in der achämenidischen Ikonographie das dynastische Prinzip gegenüber einem personalem im Vordergrund stehe: “In striking contrast to the Egyptian and Assyrian kings, to the western satraps and, later, the Hellenistic rulers (…) the Achaemenids seem consciously and meticulously to have subsumed the personal image of royalty in the dynastic one.” Root, King (s.o. Anm. 35), S. 310. Was, auf das oben Gesagte angewandt, also für Darius, den Achämeniden gilt, kann auch für seine Nachfolger vermutet werden. vgl. auch Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 228ff.

41 DNa, Z.1-8. Übersetzung: Kent, Old Persian (s.o. Anm. 36), 138; vgl. auch XPa, Z.1ff. u.a.

42 Zur terminologischen Verbindung zwischen der göttlichen Weltschöpuxng und der königlichen Weltherrschaft über den Begriff būmi- “Erde” vgl. Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 264ff.

43 Dies betont auch Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 185.

44 Vgl. B. Porten, A. Yardeni, Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt 3, Winona Lake 1993, 59ff. (C2.1).

45 Vgl. Frei/Koch, Reichsidee (s.o. Anm. 35), 146f., mit der Gegenüberstellung eines assyrischen (Assurbanipal) und eines achämenidischen Beispiels der königlichen Selbstvorstellung. A. Laato, The Servant of YHWH and Cyrus. A Reinterpretation of the Exilic Messianic Programme in Isaiah 40-55, CB.OT 35, Stockholm 1992, 47ff., verwendet mit einigem Recht die akkadischen Königsinschriften als Hintergrund seiner Interpretation der Kyros- und der Knechtstexte in Deuterojesaja. Der universelle Anspruch insbesondere der achämenidischen Königsinschriften tritt dabei jedoch nicht in den Blick.

46 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 131ff.

47 Vgl. ebd.

48 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 24; van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 87f.

49 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 28f.

50 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 133.

51 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 133f.

52 vgl. van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 232. Ob der Begriff ברית עם. (V.6) auf Israel oder universell zu deuten ist, ist strittig. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 134, spricht sich für eine universelle Deutung - alle Völker, einschließlich Israel - aus, während van Oorschot, Babel, 231 f., die Deutung auf Israel favorisiert.

53 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 34ff.; 148ff.; van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 31ff.

54 Vgl. zum Werdegang des Textes, an dem sicherlich V.28 mit der expliziten Nennung des Kyros die letzte Etappe der Entstehungsgeschichte bildet, Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 72ff.; van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 74ff., jeweils mit eingehender Diskussion der vorgängigen Literatur. Wichtig erscheint die Erkenntnis von Kratz, Kyros, 175 u. passim, dass zusammen mit der “Kyros-Ergänzungsschicht” (hierzu gehört nach Kratz auch Jes 44,28) auch die Gottesknechtlieder in das Buch hineingearbeitet worden sind. Die schöpfungstheologischen Beziehungen von Texten wie Jes 42,5-7 etwa zu Jes 44,24-28 kommen daher nicht von ungefähr.

55 Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 141.

56 Vgl. Kratz, Kyros (s.o. Anm. 9), 34ff., 148ff.; van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 29ff.

57 Vgl. Ahn, Herrscherlegitimation (s.o. Anm. 33), 184ff.

58 R. Albertz, Darius in the Place of Cyrus: The First Edition of Deutero-Isaiah (Isaiah 40.1-52.12) in 521 BCE, JSOT 27, 2003, (371–383) 378ff., vermutet aus diesem Grunde auch “Darius oracles” bei Deuterojesaja. An die “Kyros-Ergänzungsschicht” von Kratz anschließend, diskutiert Albertz die Worte Jes 45,5-7.11-13; 48,12-16a und plädiert dafür, dass hinter der anonymen Person nicht Kyros, sondern Darius stehe.

59 Vgl. Albertz, Darius (s.o. Anm. 58), 382f.

60 Vgl. hierzu auch die allgemeineren Erwägungen von L.S. Fried, Cyrus the Messiah? The Historical Background to Isaiah 45:1, HTR 95, 2002, (373-393) 383ff., die Deuterojesajas Kyros-Texte vor dem Hintergrund anderer dem persischen Herrscher gegenüber loyaler Bekundungen, wie etwa der Udjahorresnet-Inschrift, interpretiert.

61 vgl. hierzu S. Grätz, Die unglaubliche Botschaft. Erwägungen zum vierten Lied des Gottesknechts in Jes 52,13-53,12, erscheint voraussichtlich in SJOT 18, 2004.

62 vgl. van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 201ff.

63 So Steck, Aspekte (s.o. Anm. 21), 389, aufgrund des Fehlens des Ebed-Titels im dritten Lied.

64 vgl. van Oorschot, Babel (s.o. Anm. 1), 203.

65 Vgl. ebd.

66 Vgl. Schmidt, Königtum (s.o. Anm. 22), 41f.

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