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Zum Schuldrecht der hethitischen Rechtssatzung


Seiten 1 - 12

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.12.2006.0001




Leonberg

1 M. E. P. König, Am Anfang der Kultur, Berlin 41996, Tafel III Abb. 2.

2 P. Hermann, Sieben vorbei und acht verweht. Das Abenteuer der frühen Entdeckungen, Hamburg 1952, Abb. 1 bei S. 32.

3 D.O. Edzard, Geschichte Mesopotamiens. München 2004, 57. E. Sollberger, Corpus des inscriptions „royales“ présargoniques de Lagaš, Paris 1956: Kegel B/C; Ovale Platte.

4 Titus Plautus, Asinaria („Die Eselskomödie“) 2, 4, 88.

5 O. von Giercke, Schuld und Haftung im älteren deutschen Recht, insbesondere die Form der Schuld- und Haftungsgeschäfte. Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Heft 100, 1910, 7 (Neudruck Aalen 1969).

6 H. Paul, Deutsches Wörterbuch, Tübingen 91992, s. v. „Schuld“.

7 Vgl. außer dem germanischen Recht: P. Koschaker, Babylonisch-assyrisches. Bürgschaftsrecht, Graz 1911, passim. M. Kaser, Römisches Privatrecht. I, München 21971, 150 ff. Im attischen Recht wurde die schädigende Vertragsverletzung als Delikt (βλάβη) gewertet (H. J. Wolf, Art. Recht I F [1] in: Lexikon der Antike, Zürich 1990), Sp. 2526) 84. C. Wilcke, Diebe, Räuber und Mörder, in: V. Haas (Hg.) Außenseiter und Randgruppen, Xenia 32, 1992, 54. Die übersetzung „mordet“ (so Wilcke, Der Kodex Urnamma. Versuch einer Rekonstruktion, in: T. Abusch [ed.], Riches Hiddden in Sacred Places, Gedenkschrift Th. Jacobson, Winona Lake, 2002, 311) sollte man vermeiden, da das für den Mord nach alten Rechten charakteristische Tatbestandsmerkmal der überlegung (Absicht) im Text nicht erkennbar ist. Man sollte das Verb „totschlagen“ wählen, da es den Sinn und Zweck des § 1 in jedem Fall trifft. Auch paßt es besser in eine Zeit vorherrschender Erfolgshaftung, in eine Zeit vorwissenschaftlicher Rechtskultur Im Codex Hammurapi gibt es Bestimmungen, welche nicht auf das Verschulden abstellen, sondern den Erfolg bestrafen: §§ 218 - 220 (Arzt), 229 - 233 (Baumeister), 235, 240 (Schiffer, wobei zweifelhaft ist, ob EGŪ sich auf das Verschulden bezieht oder nicht nur die Fahrweise meint). Nebenbei: Erfolgshaftung ist auch in der klassischen Antike bekannt. Die Verknüpfung von Tat und Erfolg kommt in den Verben φόνος und occidere zum Ausdruck, wozu das römische damnum corpore corpori datum gehört (Vgl. S. Condanari-Michler, über Schuld und Schaden in der Antike, in: Scritti in onore di Contardo Ferrini III, Milano 1948, 28.). Ein altes deutsches Sprichwort besagt: „Die Tat tötet den Mann.“

8 Paragraphen ohne Zusatz sind solche der hethitischen Rechtssatzung (HRs).

9 H.A. Hoffner, Jun. The Laws of the Hittites, Leiden 1997, § 42.

10 R. Haase, Zur Bedeutung des Wortes sakuwassar- in den hethitischen Gesetzestexten, MIO V/1, 1957, 37.

11 Zögernd E. von Schuler, Die hethitischen Gesetze, TUAT I, § 75 Anm. c).

12 Hoffner [9] § 75. Was damit gemeint ist, ergibt sich nur aus der Anm. 266 zu § 70: i. e., here perhaps „in good condition“, not damaged or with diminished value. Das Tier darf also vom Dieb nicht in irgendeiner Form beschädigt worden sein. So ist es auch bei § 66: Die dort genannten Tiere sind unverändert, „korrekt“ (v. Schuler [11]) zurückzugeben. Das gilt auch für § 75: Der Herr des jeweiligen Tieres muß erkennen können, daß es aus einem der in der Vorschrift genannten Gründe zugrunde gegangen. Das ist für ihn als Ackerbauer und Viehzüchter an Hand von Spuren nicht schwer. Ist das Tier verschwunden, so kann seinem Hüter der Reinigungseid helfen. Leider kommentiert Hoffner weder den § 66 noch den § 75.

13 Ich denke auch an das Verb arnu- in den §§ 1 bis 5. (R. Haase, Arnu- in der hethitischen Rechtssammlung, Studi in onore di Edoardo Volterra VI, Napoli 1971 [471–482] 475–479). Vgl. auch R. Haase, Marginalien zur Tafel KBo VI 4, AoF 2002/1, (63–67), 65.

14 Dieser Eid soll das Verschulden des Hirten ausschließen. Etwas schwächer ist im Vergleich dazu der nach §§ 207 und 227 Codex Hammurapi zu leistende Eid: „Mit Wissen (INA IDû) habe ich nicht geschlagen/geschoren“. Gemeint ist, daß der Täter die Folgen seiner Tat (Todesfolge, Entfernung einer Sklavenmarke) (aus Nachlässigkeit) nicht erkannt haben will, sein vorsätzliches Verhalten als solches aber eingesteht. Der Wortlaut des hethitischen Eides „Durch die Hand Gottes ist es getötet worden (I-NA QATI DINGIR-LIM ak-ki-ki-is) in § 75 ähnelt durch die Heranziehung des Gottes im Eid des ATs in Ex. 21. 13: „Gott ließ es geschehen seiner Hand“ (אלהים אנה לידו). Die fehlsame Hand finden wir in den §§3 und 4 der HRs: „Seine Hand sündigt“(kessaris wastai). Das erinnert an den Speer der Römer, welcher der Hand entflieht (si telum manu fugit magis quam eiecit, Zwölftafeln VIII 24a, ed. Düll).

15 E. Edel, Die ägyptisch-hethitische Korrespondenz aus Boghazköi, Band I, 1994, Opladen, Brief Nr. 78, Rs. 4, 15–19.

16 R. Haase, Die Rettung in einem Hungerjahr, AoF 33/1, 2006, 160–163.

17 R. Haase, Ist der § 200B der Hethitischen Gesetze unvollständig überliefert?, ZA, 1959, 193.

18 R. Haase, § 200 B der Hethitischen Gesetze und kein Ende?, BiOr 27, 1971, 325–26.

19 R. Haase, Zu den hethitischen Gesetzen, ZA 1961, 103, 104.

20 Ich spreche der Einfachheit halber von einem „gesetzlichen“ Schuldverhältnis, obwohl ich den sog. hethitischen Gesetzen die Eigenschaft von Gesetzen im technischen Sinn abspreche (R. Haase, Bemerkungen zu hethitischen Rechtssatzung, Leonberg 1995, 4). Die mit der Autorität des königlichen Obergerichts ausgestatteten Entscheidungen stehen aber in ihrer Tendenz den Leitsätzen der modernen Entscheidungssammlungen recht nahe.

21 Das erinnert an das Kompensationensystem der germanischen Volksrechte, z. B. der lex Salica.

22 Zur Abgrenzung zum Totschlag: R. Haase, über die Berücksichtigung der Mitwirkung des Verletzten bei der Entstehung eines Schadens in den keilschriftlichen Rechtssammlungen, IVRA 12, 1961, 225 mit Anm. 24. Die Beteiligung des Verletzten wird noch heutzutage bei der Rechtsfindung sowohl von den Zivil-, als auch den Strafgerichten berücksichtigt.

23 Dazu R. Haase, Schadenzauber in der hethitischen Rechtssatzung, WO 36, 2006, 19.

24 R. Haase, Bemerkungen zu einigen Paragraphen der hethitischen Gesetze, Hethitica XII, 1999, 12–13.

25 R. Haase, Actor furiosus, WO 34, 2003, 50–53.

26 Werner, Hethitische Gerichtsprotokolle, StBoT 4, 1967, 5.15.

27 Werner [26] 16.

28 D. Nörr, Zum Schuldgedanken im altbabylonischen Strafrecht, ZSRG.R 75, 1955, (1–31) 7.

29 Ebenso scheint es in den anderen keilschriftlichen Rechtscodices (das Wort hier im weitesten Sinne verwendet) gewesen zu sein. Ich bringe einige Beispiele für die selten vorkommende explizite Bezeichnung der Schuldform aus den Gesetzen von Ešnunna und dem Codex Hammurapi: § Sachverhalt Terminologie Schuldform 5 GE Schiff sinkt EGÛ nachlässig“ Unvorsätzlichkeit 6 GE Betrügerei NULLĀNŪ „betrügerisch“ Vorsatz 33 GE Betrügerei SARĀRUM „betrügen“ Vorsatz 206 CH Schlägerei INA IDŪ oben, Anm. 14. 225 CH Scherer ebenso ebenso 237 CH Schiffsführer IDÛ“ lässig“ Unvorsätzlichkeit 265 CH Hirte SARĀRU „ betrügen “ Vorsatz In anderen Fällen läßt sich das Verschulden aus dem Sachverhalt ablesen, z.B. in den §§ 54 und 56 GE.

30 Dazu drei Beispiele: § 94: 1 Mine Silber (≈ 0.5 g), § 57: 15 Pferde, § 83: 1 PA (≈ 1 Liter) Getreide.

31 E.H. Sturtevant, A Hittite Glossary, Philadelphia, 21936, s. v. sarnenk- mit älteren Nachw.: „restore, make restitution, give as indemnity“. Also kommen Verba wie „wiedergutmachen, wiederherstellen“, „entschädigen, ersetzen“ oder „abfinden“ in Betracht.– Auch das Hauptwort sarnikzēl- kann „Ersatz“ oder Buße“ (J. Friedrich, Hethitisches : Wörterbuch, Heidelberg 1952, s.v.) heißen: Ersatz in §§ 21, 42 Satz 1, 49, 163. Buße.in §§ 37, 38, 65 (mit § 63). Auch in den letzten drei Fällen findet man bei D'jakonow einfach das Wort возмещение „Ersatz, Entschädigung“ (I. M. D'jakonow, Zakony Vavilonii, Assirii i chettskogo carstva, VDI Nr. 4 1952, 25 ff). Unklar ist § 163 b. Hoffner spricht von einem „payment either in silver or in kind“ (H. A. Hoffner, Art. „Prozeß.B. Bei den Hethitern“ (RlA 11, 2006, 96 § 13). Diese Formulierung läßt die juristische Natur der Leistung nicht deutlich erkennen; sie kann Schadensersatz oder Buße betreffen.

32 R. Haase, Über Noxalhaftung in der hethitischen Rechtssammlung, ArOr 29, 1961, 419.

33 Außerhalb der HRs findet man sarnink- in Verbindung mit dem Totschlag in § 49 der Telipinu-Verfassung. Das Wort kann hier nicht Schadensersatz meinen. Denn wenn schon die in psychischer Erregung (im Zorn) begangene Tötung – ein qualifizierter Totschlag – nach §§ 1 und 2 Bußen erfordert, so kann selbst bei einem „einfachen“ Totschlag ein schlichter Schadensersatz als Reaktion nicht in Betracht kommen. In § 49 der Verfassung muß es deshalb „er büßt“ heißen. Für das Maß dieser Buße mögen die in den §§ 1 bis 4 vorgesehenen „Köpfe“ als Vorbild gedient haben.

34 Die Bedeutung der Formel war lange Jahre eine Crux der Forschung. Die Lösung brachte R. Haase, über die Formel parnaššeya šuwaizzi in den hethitischen Gesetzestexten, WO I 1958, (290–293) 293. Ders. Gedanken zur Formel parnasseya suwaizzi in den hethitischren Gesetzen, WO 11, 1980, 93–98. Zustimmend H.G. Güterbock, Noch einmal die Formel parnaššea šuwaizzi, Or. N.F. 52, 1983, 73–80.

35 V. Korošec, Hethiter, HdO, Erg. Bd. III, Leiden 1964, 184.185.

36 Die Formel erscheint nur noch in § XII, der auf dem alten § 13 beruht. Sie ist hierher wohl irrtümlich übertragen worden. Die Buße von 30 Minen dürfte versehentlich an Stelle von 30 Scheqel eingesetzt worden sein (J. Friedrich, Die hethitischen Gesetze, Leiden 1959/1971, 53, Anm. 6, ihm folgend R. Haase [13] 67), da § 13 eine Buße von 1 Mine vorsah.

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