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Mose-Lied (Dtn 32,1–43) und Asaph-Psalmen (Ps 50; 73–83): Untersuchungen zu ihrem Verhältnis

Beat Weber


Seiten 257 - 309

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.27.2021.0257




(Basel)

1 Vgl. E. Otto, Moses Abschiedslied in Deuteronomium 32. Ein Zeugnis der Kanonsbildung in der Hebräischen Bibel, in: E. Otto, Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Aufsätze, BZAR 9, Wiesbaden 2009, 641–678; Ders., Deuteronomium 12–34. Zweiter Teilband: 23,16–34,12, HThKAT, Freiburg i.Br. 2017, 2130–2196 (= fortan abgekürzt als HThKAT).

2 Anders K. Finsterbusch, Integrating the Song of Moses into Deuteronomy and Reshaping the Narrative: Different Solutions in MT Deut 31:1–32:47 and (the Hebrew Vorlage of) LXX Deut 31:1–32:47, in: J.C. Gertz et al. (Ed.), The Formation of the Pentateuch: Bridging the Academic Cultures of Europe, Israel, and North America, FAT 111, Tübingen 2016, 631–650, hier: 632, die betreffend Dtn 31f. davon ausgeht, dass „redactors inserted the Song of Moses into an independent edition of Deuteronomy in the late exilic or early postexilic period and reshaped the narrative.”

3 Otto, HThKAT, 2201.

4 Vgl. meine Basler Dissertation: B. Weber, Psalm 77 und sein Umfeld. Eine poetologische Studie, BBB 103, Weinheim 1995, v.a. 207–211.234–236; ferner Ders., Der Asaph-Psalter – eine Skizze, in: B. Huwyler et al. (Hg.), Prophetie und Psalmen. FS K. Seybold, AOAT 280, Münster 2001 = Ders. (hg. T. Uhlig), „Wie ein Baum, eingepflanzt an Wasserrinnen” (Psalm 1,3). Beiträge zu Poesie und Theologie von Psalmen und Psalter für Wissenschaft und Kirche, ABIG 41, Leipzig 2014, 363–391, hier: 372–374 (125f.); Ders., Asaph im Psalter und in der Chronik. Erwägungen zu „Schnittstellen”, Trägerkreisen und Redaktionsprozessen, in: F. Hartenstein / T. Willi (Hg.), Psalmen und Chronik, FAT II/107, Tübingen 2019, 343–378, hier: 364–371.373; weitere Publikationen unter: https://www.academia.edu/5918166. Zu analogen Schlüssen kommt E. Zenger, Psalm 82 im Kontext der Asaf-Sammlung. Religionsgeschichtliche Implikationen, in: B. Janowski / M. Köckert (Hg.), Religionsgeschichte Israels. Formale und materiale Aspekte, Gütersloh 1999, 272–292, hier: 279, der als „Lieblingstexte”, auf welche APss anspielen, u.a. Ex 15; Ex 34,6; Num 6,25–27; Dtn 6,4f. und Dtn 32 anführt.

5 D. Markl, Gottes Volk im Deuteronomium, BZAR 18, Wiesbaden 2012, 231–281, hat die Vielzahl der Textverbindungen des ML zusammengestellt und bedacht. Zu Gemeinsamkeiten und Verbindungen zwischen ML und APss vgl. auch M.D. Goulder, The Psalms of Asaph and the Pentateuch: Studies in the Psalter, III, JSOTS 233, Sheffield 1996, 108.125.158.251f.275; K. Seybold, Krise der Geschichte. Geschichtstheologische Aspekte im Moselied Dt 32, in: U. Becker / J. van Oorschot (Hg.), Das Alte Testament – ein Geschichtsbuch?! FS J. Conrad, Leipzig 2005, 59–80 = Ders., Studien zu Sprache und Stil der Psalmen, BZAW 515, Berlin 2010, 169–189, hier: 172.177.186 (62.68.76); Markl, Volk, 272–274.279; Otto, HThKAT, 2166f.; P. Schmidtkunz, Das Moselied des Deuteronomiums. Untersuchungen zu Text und Theologie von Dtn 32,1–43, FAT II/124, Tübingen 2020, 276f.273–275.284–289.

6 Eckart Otto hat mir freundlicherweise angeboten, meine Untersuchung im Rahmen des vorliegenden Periodikums zu publizieren. Dafür sei ihm herzlich gedankt. Meine Fragestellung betrifft nur einen Ausschnitt der von Otto dargestellten Sachverhalte und Textbezüge, die er in einem größeren Horizont, der Kommentierung des Deuteronomiums, zu bedenken hatte.

7 Aufschlussreich ist diesbezüglich die von P. Sanders, The Provenance of Deuteronomy 32, OTS 37, Leiden 1996, 1–98, breit dokumentierte Forschungsgeschichte zum ML mit den vorgenommenen historischen Ansetzungen und Einordnungen. In neuerer Zeit setzt sich Vergleichbares fort, wenn auch mit verstärktem Trend zur Spätdatierung, vgl. Otto, Abschiedslied, 641–650.

8 Sinn und Möglichkeit einer solchen Beschränkung werden unterschiedlich beurteilt. Zuletzt hat sich H.J. Stipp, Die Erkennbarkeit intentionaler innerbiblischer Intertextualität am Beispiel von Jeremia 26 und 36, in: J.J. Krause / K. Weingart (Hg.), Exegetik des Alten Testaments. Bausteine für eine Theorie der Exegese, FAT II/127, Tübingen 2021, 127–160, hier: 132, dazu geäußert: Intentionale Intertextualität setze „zwangsläufig immer zumindest relative Datierungshypothesen voraus”. Das Problem der Kanalisierung von Beobachtungen und Fragestellungen erachte ich demgegenüber größer als der Nutzen bei einem vorab vorgenommenen Einbezug historischer Überlegungen. Die Nichtfestlegung mit Blick auf das Verhältnis zwischen dem ML und seinem erzählenden Rahmen (inkl. allfälliger Redaktionen) stellt eine besondere Herausforderung dar, da mehrere APss Bezüge zum Lied und seinem Rahmen aufweisen. Eine knappe Übersicht über die unterschiedlichen Auffassungen zu den komplexen Sachverhalten Dtn 31f. betreffend bietet Schmidtkunz, Moselied, 314–316 (sie selbst geht von einer nachträglichen Integration des ML in den älteren Erzählzusammenhang von Dtn 31f.* aus, vgl. ebd., 317–358).

9 Zusätzliche Einschränkungen: Auf Verbindungen des ML zu vergleichbaren Aussagen im Dtn (und weiteren Texten) wird – mit Ausnahme des Erzählrahmens – nur beschränkt eingegangen. Auch redaktionsgeschichtliche Überlegungen bleiben ausgeklammert (für eine gestaffelte Entstehung des ML plädierte zuletzt Schmidtkunz, Moselied, 17–30.48–94.314–358).

10 Darstellung und Diskussion der Problematik würden zu weit führen – nur soviel: Oft ist nicht hinreichend klar, welche Kreise auf Absender- und Adressatenseite vorauszusetzen sind und inwieweit in einer oral-auditiven Kultur die Verschriftung der Texte eine Rolle spielt. Mehr bei Stipp, Erkennbarkeit, 127–135.154f.

11 Similarität kann auch auf geprägte Motive, gemeinsame Traditionen, Gattungen und Funktionen bzw. auf eine Milieuverwandtschaft zurückzuführen sein und muss nicht auf einer direkten Text-TextBeziehung basieren. Vgl. mit Blick auf die Psalmen Weber, Psalm 77, 203–206.

12 Vgl. zuletzt Stipp, Erkennbarkeit, weiter u.a. B. Kilchör, Mosetora und Jahwetora. Das Verhältnis von Deuteronomium 12–26 zu Exodus, Levitikus und Numeri, BZAR 21, Wiesbaden 2015, 31–41, unter Einbezug von Verspoesie (Psalmen) A. Brodersen, The End of the Psalter. Psalm 146–150 in the Masoretic Text, the Dead Sea Scrolls, and the Septuagint, BZAW 505, Berlin 2017, 22–27; B. Weber, „Asaph Meets Hosea”. Verbindungen zwischen Hosea-Schrift und Asaph-Psalmen, ausgehend von „Kriegsbogen”-Formulierungen, OTE 32, 2019, 578–605, hier: 579–581 (in allen erwähnten Studien Hinweise auf weitere Literatur).

13 D. Carr, Method in Determination of Direction of Dependence: An Empirical Test of Criteria Applied to Exodus 34,11–26 and its Parallels, in: M. Köckert / E. Blum (Hg.), Gottes Volk am Sinai. Untersuchungen zu Ex 32–34 und Dtn 9–10, VWGTh 18, Gütersloh 2001, 107–140, hier: 123–126, nennt Formen der Erweiterung und der Kombination als Anzeichen zur Erkennung von Rezeptionsvorgängen. Z. BenPorat, The Poetics of Literary Allusion, Journal of Descriptive Poetics and Theory of Literature 1, 1976, 105–128, hier: 107–112, spricht von „markers” als „built-in directional signals”, welche literarische Anspielungen aktivieren. Zur (besseren) Wahrnehmung der Textreferenz trägt der Autor durch deutliche oder subtile Formen der Markierung bei. Inwieweit dies nötig (und realisiert) ist, hängt am Maß der zwischen Autor und Rezipienten geteilten Vertrautheit mit dem Referenztext ab; vgl. dazu K. Weingart, Erkennst du auch, was du liest? Zur Markierung von Zitaten im Alten Testament, in: R. Heckl (Hg.), Methodik im Diskurs. Neue Perspektiven für die Alttestamentliche Exegese, BThSt 156, Neukirchen-Vluyn 2015, 143–170, hier: 150f.

14 Verwendete Abkürzungen: Fe = Feinde; Fr = Frage; G = Gott; Impt = Imperativ; Juss = Jussiv; R(-E) = Rede(-Einleitung); ReN = Renominalisierung; Sj-W = Subjekt-Wechsel; V = Volk (Israel); […] = Textvarianten aus Qumran-Handschriften; → von … zu, an; ↓ = Gott als sprechendes Ich; ↔ = wechselseitig, kontrovers; grau unterlegt = Gottesrede.

15 Ich gehe von einer regelmäßigen Strophik bei verspoetischen Gebilden aus; zu Grundlagen einer bibelhebräischen Poetik vgl. B. Weber, Entwurf einer Poetologie der Psalmen, in: H. Utzschneider / E. Blum (Hg.), Lesarten der Bibel. Untersuchungen zu einer Theorie der Exegese des Alten Testaments, Stuttgart 2006, 127–154 = Ders., Wie ein Baum, 30–64. Die Gliederung des ML ist strittig; während gewisse Zäsuren deutlich sind (14|15 und 25|26), gibt es namentlich für den Eingangs- und Schlussbereich unterschiedliche Vorschläge; vgl. H. Irsigler, Das Proömium im Moselied Dtn 32. Struktur, Sprechakte und Redeintentionen von V.1-3, in: R. Schulz / M. Görg (Hg.), Lingua Restituta Orientalis. FS J. Assfalg, Wiesbaden 1990, 161–174; Sanders, Provenance, 258–294; J.R. Lundbom, Deuteronomy: A Commentary, Grand Rapids, MI 2013, 868–871; Markl, Volk, 232–238; Ders., Cultural Trauma and the Song of Moses (Deut 32), OTE 33, 2020, 674–689, hier: 677–689 (beurteilt die Fragen in 6.20.34.37 als strukturbildend). Pieter van der Lugt danke ich für die Zusendung seines unveröffentlichten Scripts zur Struktur des ML. Nicht mehr berücksichtigt werden konnte: M. Sklarz, „Ha'azinu” (Deut 32,1–43): Structure and Significance, SJOT 35, 2021, 59–72.

16 Ich gehe von drei Redegängen aus (mit teils eingelegten Reden) und beurteile 28f. als noch zur ersten Gottesrede gehörig. Gegenüber der üblichen Annahme umfasst die zweite m.E. nicht nur 34f., sondern eröffnet bereits mit 32 (der Rückverweis zu Beginn von 34 [הו א] auf 33 [Wein] verbindet 32f. mit 34f. und lässt auf eine identische Redestimme schließen). Zu den Gottesreden, ihrem Umfang und ihrer Pragmatik vgl. J.-P. Sonnet, Voix divines dans le cantique de Moïse (Deutéronome 32), in: A. Wénin (Ed.), La Contribution du discours à la caractérisation des personnages Bibliques. Neuvième colloque international du PRENAB, Louvain-la-Neuve, 31 mai – 2 juin 2018, BETL 311, Leuven 2020, 153– 173; Markl, Volk, 232–238; Ders., Trauma.

17 Vgl. die Du-Adressierung im Rahmen (15.18). Dieses, auf die Vergangenheit bezogene Geschehen wird auf die Gegenwart hin transparent.

18 Die Gottesrede wird durch die Rede-Einleitung (wjjqtl) als Vergangenheitsrede markiert.

19 Die Umkehrfolie, nämlich die Falschinterpretation des Wirkens JHWHs aufseiten Israels, findet sich in Dtn 8,11–9,6. Falsche und richtige Einschätzung werden hier als „Zitate” dargeboten (27cd).

20 Diesbezüglich mit Schmidtkunz, Moselied, 69–73. Die Gottesworte von 22–25 und 28f. ummanteln die Rede zweiten Grades von 26f. (analog dazu die Kommentierung in 30f.). In 28f. äußert sich JHWH in seinem emotionalen Ringen um sein Volk (vgl. 20f., ähnlich auch Ps 81,14) und keine menschliche (reflektierende) Stimme. Es ist auch nicht von einem Fremdvolk die Rede.

21 Die Bildaussagen vom Weinstock/Traubengift (32–34) werden in 35 unter Verlassen der Bildaussage abgeschlossen und sind auf die Feinde zu beziehen. JHWHs Volk kommt in 36 wieder in den Blick.

22 Anknüpfend an das angekündigte Ende der Feinde Israels (die als Gerichtswerkzeug Gottes gegenüber Israel dienten), kommt damit – nach der befürchteten Falscheinschätzung durch die Feinde – eine zweite Motivation zur Sprache.

23 Vgl. die Verbindung von Gottes Wahrnehmen („sehen”) und Sich-Äußern („sprechen”) in 9f. und 36f. (in 39 wird die Zuhörerschaft zum „Sehen” aufgerufen).

24 Vgl. dazu u.a. H.P. Nasuti, Tradition History and the Psalms of Asaph, SBLDS 88, Atlanta, GA 1988, 55–197; Weber, Asaph-Psalter; Zenger, Psalm 82, 278–286; K.N. Jacobson, Memories of Asaph: Mnemohistory and the Psalms of Asaph, Minneapolis, MN 2017.

25 Er ist auch dort zu veranschlagen, wo eine Einzelstimme sich äußert oder ein Einzelner im Blick ist. Es geht in jenen Fällen um Mittlerschaft (Ps 77 und 83) bzw. paradigmatische Typik (Ps 73).

26 Dies wird etwa an den unterschiedlichen Adressierungen der Gottesreden in Ps 50 oder der Schicksale von Joseph/Ephraim bzw. Juda in der zweiten Hälfte von Ps 78 deutlich.

27 Darüber hinaus wird, namentlich im ML, Geschichte in die Zukunft prolongiert; vgl. die aktualisierend dargebotene, der Vergangenheit zugewiesene erste Gottesrede (20) und die die Zukunft betreffende letzte Gottesrede (37).

28 Jacobson, Memories, 189, spricht zutreffend von „the most concentrated collection of historical referents in the Psalter”.

29 Übertretungen des Hauptgebots, verbunden mit (untreuem) Vergessen des Heilswirkens Gottes und Hörunwilligkeit, samt deren Folgen sind namentlich in Ps 78 und 81 erwähnt (vgl. Ps 78,7f.32.56–58.59–64.67; 81,9–17).

30 Vgl. v.a. Dtn 32,7.18.26; Ps 74,2.18.22; 77,4.6f.12f.; 78,35.39.42; 79,8; 83,5. Marco Pavan sieht in der Thematik von „Memory and Forgetting” das grundlegende Thema des Psalter-Teilbuchs III (Ps 73–89), das wesentlich von den APss und deren Zentralpsalm 78 bestimmt ist, vgl. M. Pavan, “He remembered that they were but flesh, a breath that passes and does not return” (Ps 78,39): The Theme of Memory and Forgetting in the Third Book of the Psalter (Pss 73–89), ÖBS 44, Frankfurt a.M. 2014, v.a. 31–74.363–367; zur mnemohistorischen Begrifflichkeit und Charakteristik auch Jacobson, Memories, v.a. 75–114.

31 Vgl. Dtn 32,6–12.18 sowie 32,13–15.22–24.32–34.

32 Vgl. Ps 73,24; 77,20–21; 78,14.52–54.71f.; 80,2; 81,11 (vgl. auch 74,1; 79,13).

33 Eine Zusammenstellung der erwähnten Geschehnisse (in Ps 77f.; 80f.) bietet Jacobson, Memories, 66.127.143f.

34 Der kollektive wie anamnetische Horizont wirft auch ein Schlaglicht auf die Verfasser und Überlieferer. Es muss sich um Kreise mit hoher Verantwortlichkeit für die religiöse Führung des Volks handeln. Vom Rahmen des ML her legen sich Leviten nahe. Für einen Teil der APss ergeben sich Indizien, dass diese (einst) im Zehnstämme-Reich bzw. in den Joseph-Stämmen beheimatet waren oder jedenfalls dort gepflegte Überlieferungen gekannt und aufgenommen haben, vgl. Ps 77,3.16; 78,9.56–64; 80,2f.11f.; 81,6; 83,7.10–13, dazu Nasuti, History, 55–116, der „Ephraimite tradition” in neun der zwölf APss herausarbeitet. Auch beim ML gibt es – freilich weniger explizite – Indizien und Überlegungen für eine Herkunft aus dem Norden, vgl. Sanders, Provenance, 231–233.431–436.

35 Vgl. Ps 50,5.7–13.15.16b–21.23 sowie 81,7–15.17b. Darüber hinaus findet sich Gottesrede noch in den APss 75,3f./6.11; 78,1(–2?) und 82,2–7; vgl. B. Weber, Gottesrede in „Asaph-Texten”, OTE 25, 2012, 737–760. In den Psalmen ist dieses Phänomen nicht allzu häufig, vgl. Ders., Werkbuch Psalmen III. Theologie und Spiritualität des Psalters und seiner Psalmen, Stuttgart 2010, 166–171.

36 Was die reziproke Kommunikation betrifft, enthält das ML keine an JHWH adressierten Worte (Gebet). In den fünf APss mit Gottesreden sind Gebetsworte spärlich. Sie finden sich in Ps 75,2; 82,8 (und evtl. in Ps 50,1a), nicht in Ps 78 und 81 (alle weiteren APss enthalten in größerem Umfang Gebetsworte).

37 Zusammenstellungen der Namen und Bezeichnungen Gottes bieten Goulder, Psalms, 17; Weber, Psalm 77, 282, und Jacobson, Memories, 178. Man bedenke dabei, dass die APss Teil des sog. „Elohistischen Psalters” (Ps 42–83) sind.

38 Die im ML als Leitbegriff dienende Gottesmetaphe צו „Fels” (dazu und zu den Gottesbildern insgesamt vgl. C. Wüste, Fels – Geier – Eltern. Untersuchungen zum Gottesbild des Moseliedes [Dtn 32], BBB 182, Göttingen 2018) ist in den APss selten, aber nicht unbekannt: Ps 78,35 ist der deutlichste Beleg für den Bezug auf JHWH; Ps 73,26 kommt in die Nähe dieser Verwendung, und bei Ps 81,17 könnte diese Gottesmetaphorik im Hintergrund mitschwingen.

39 Unter den APss gelten Ps 73 und 78 als weisheitlich. Ps 78 berührt sich mit seiner GenerationenVerpflichtung und Geschichtstheologie ohnehin mit dem ML. Vgl. über die beiden Psalmen hinaus noch Ps 50,17.22; 77,7–10.

40 Vgl. Dtn 31,19.21.26.28; 32,46, ferner 4,26; 30,19, dazu J.-P. Sonnet, The Book within the Book: Writing in Deuteronomy, BiInS 14, Leiden 1997, 148–153.163–167.174–180.

41 Das ML wird öfters als im Bundeskontext anzusetzender „Rechtsstreit” (lawsuit; יב -pattern) eingestuft, vgl. dazu Sanders, Provenance, 86–98. Die Wurzel scheint im ML und seinem näheren Kontext jedoch nicht, dafür in Dtn 33,8 (Levi-Spruch) und in Ps 74,22 (vgl. auch 81,8).

42 Zur ersten Kategorie gehören Ps 74; 77; 79; 80; 83 und in Parabelform auch Ps 78, zur zweiten Ps 50; 75; 76; 81; 82; ein Spezialfall stellt Ps 73 dar.

43 Otto, Abschiedslied, 660.

44 Im ML ist auch von „Feinden” die Rede (zu אבי vgl. Dtn 32,27.31.42 und Ps 74,3.10.18; 78,53; 80,7; 81,15; 83,5). Es wird jedoch keine Katastrophe (Niederlage, Verwüstung) in gleicher Unmittelbarkeit und Konkretheit wie bei den APss ansichtig.

45 In der Kopfzeile wird beim ML und den APss in Klammern die Verszahl angegeben, damit der jeweilige Umfang im Blick ist. Eckige Klammern betreffen Textvarianten zum MT (4Q44).

46 In ähnlicher Weise wurden bereits Textrelationen zwischen den APss und Aussagen in den Büchern Hosea (vgl. Weber, Asaph Meets Hosea) und Jesaja (vgl. Ders., „Asaf” und „Jesaja”. Eine komparatistische Studie zur These von den Tempelsängern als für Jesaja 40–66 verantwortlichem Trägerkreis, OTE 22, 2009, 456–487) untersucht.

47 Vgl. etwa K. Schmid, Gibt es „Reste hebräischen Heidentums” im Alten Testament? Methodische Überlegungen anhand von Dtn 32,8f und Ps 82, in: A. Wagner (Hg.), Primäre und sekundäre Religion als Kategorie der Religionsgeschichte des Alten Testaments, BZAW 364, Berlin 2006, 105–120. Er vertritt eine perserzeitliche Ansetzung von Dtn 32,8f. und APs 82 (monotheistische Theologie). Von anderen werden, oft verbunden mit einer Frühdatierung des ML (und teils von Ps 82), altkanaanäische Einflüsse (Ugarit) angenommen, vgl. dazu Sanders, Provenance, 69–81.155–158.363–374. Ohnehin hat Ps 82 viel Aufmerksamkeit erfahren, und nicht selten wurde auch ein Vergleich mit dem ML (8f.) angestellt; vgl. etwa H.-W. Jüngling, Der Tod der Götter. Eine Untersuchung zu Psalm 82, SBS 38, Stuttgart 1969, 39–41.80.95–99.107 (Abhängigkeitsrichtung: ML → APs 82).

48 Sanders, Provenance, 354.416–418, erwähnt Ps 50,4 im Zusammenhang mit Dtn 32,1 und Ps 50,12f. im Zusammenhang von Dtn 32,38. Seybold, Krise, 177.186 (68.76), sieht die Analogie zwischen ML und Ps 50 im Charakter als Gerichtsrede (ריב). Schmidtkunz, Moselied, 104–107, weist als Parallele zum Liedauftakt neben Jes 1,2 auf Ps 50,4 hin. Otto, Abschiedslied, 658.660 (Fußnoten), nimmt für Dtn 32,1.18.22 Anspielungen auf Ps 50,4.7.18.22 an.

49 Ps 50 beinhaltet drei Gottesreden: einen kurzen Versammlungsaufruf (5) und zwei längere Reden, an das Volk insgesamt (7–15) und an Frevler bzw. Gottvergessende (16–23) gerichtet. Vgl. zu diesem Psalm B. Kilchör / B. Weber, „Unser Gott kommt …! (Ps 50,3): Psalm 50 und sein Setting im Lichte aufgenommener Überlieferungen, OTE 27, 2014, 1084–1111.

50 Im Eingangsbereich von Ps 50 wird die Vergangenheit durch das Anrufen und Bekennen des Deus praesens zweimal auf die Gegenwart hin geöffnet, so in 1a (als dreifacher Vokativ, nicht als Satzsubjekt von 1b beurteilt) und 3a (zitierende, bestätigende Rede). Der Vergangenheit zugehörig sind die Konstatierung der Rede und das geschehene Aufrufen der Erde (1[a]bc) sowie die Lichtglanz- (2ab[3a]) und die Gewittertheophanie (3bc).

51 Die jqtl-Form in 4 wird präsentisch aufgefasst. Zwischen 4f. und 7 ist mit 6a letztmals eine Vergangenheitsaussage eingeschoben, die in ein, auf die Gegenwart hin offenes Bekenntnis von Gott als Richter ausmündet (6b, ähnlich wie 3a).

52 Ein Vermittlungsgefälle von oben (Gott/Himmel) nach unten (Erde/Volk) zeigt sich in Ps 50,1.4.6f. Im ML ist es weniger signifikant, in 1f. aber durch die Differenzierung zwischen direkter (Vokativ) und indirekter Anrede sowie die auf die Erde folgende und mit ihr verbundene Fruchtbarkeitsmetaphorik (Lehre) angedeutet.

53 Vgl. Dtn 17,6f.; 19,15, dazu Sonnet, Book, 152.

54 Gemeinsam ist zudem ein theophanes Geschehen. Gegenüber dem Wolkenphänomen in Dtn 31,15–21 sind Ps 50,2f. freilich anders akzentuiert; dafür hat 3 mit Blick auf das „fressende Feuer” eine Verbindung zum ML (22). Der Frage nach einer Abhängigkeit zwischen Ps 50 und dem Mose-Segen (Dtn 33) – gemeinsam sind Lichtglanztheophanie und das Moment der Volksversammlung (vgl. Dtn 33,1–3 mit Ps 50,2–5) – wird hier nicht nachgegangen. Zu den Parallelen von ML, Mose-Segen und Ps 50 vgl. Otto, HThKAT, 2240–2243, der von der Abfolge Ps 50 → Dtn 32 → Dtn 33 ausgeht.

55 Die „Erde” wechselt vom Subjekt zum Vokativ und das zweite Verb vom Jussiv zum Imperativ. In Jes 1 ergeht der Höraufruf nach dem Reden JHWHs (qtl), im ML geht er dem Reden Gottes voran bzw. will für dieses empfänglich machen (Kohortativ).

56 Zum Verhältnis vom ML zu Jes 1,2 und zum Buch insgesamt vgl. H. Fisch, Poetry with a Purpose: Biblical Poetics and Interpretation, ISBL, Bloomington, IN 1988, 64–74; Markl, Volk, 260–264.

57 Schmidtkunz, Moselied, 104–109.341, ortet textpragmatische Differenzen zwischen ML und Ps 50 einerseits (Dtn 32,1: explizite Adressierung von Himmel und Erde = alle Hörenden, „implizit” in Ps 50,4; das ML rechne nicht mit einer Instanz zwischen Jhwh und dem Volk) und narrativem Rahmen andererseits (31,28, vgl. 4,26; 30,19; 32,46: Himmel und Erde sind nicht die eigentlichen Adressaten, sondern haben als Zeugen eine Stellvertreterfunktion für das Volk). Da Jes 1,2–9 als Synthese jesajanischer Wendungen einzuschätzen sei, erscheine die Aufnahme von Jes 1,2 in Dtn 32,1 plausibel; das ML wird als nachahmende Dichtung eingestuft. Ihrer Argumentation für die Abhängigkeitsrichtung Jes 1 → ML (so auch Otto, jedoch aus anderen Gründen) kann ich nicht folgen, wie aus obigen Ausführungen hervorgeht.

58 JHWH ist der Geber von Ertrag an Land und Vieh, u.a. von „Böcken” (Dtn 32,14). Solches gehört ohnehin ihm; er bedarf keiner Opfer, u.a. „Böcke” (Ps 50,9.13). „Hunger” (רעב) gefährdet Israel, nicht JHWH (vgl. Dtn 32,24 mit Ps 50,12). Die Übereinstimmung עתודים mag nicht distinktiv erscheinen, allerdings ist die Spärlichkeit der Belege in Rechnung zu stellen (in Dtn nur hier, in den Psalmen über Ps 50 hinaus lediglich noch in Ps 66,15). Noch rarer ist die seltene (poetische) Form שדי für „Feld”, die im AT nur 13mal, davon im Pentateuch nur im ML (13), dazu 2mal in den APss (50,11; 80,14) erscheint.

59 Auch wenn ich keine Implikation zu sehen vermag, sei die Polysemie zwischen dem nur im ML belegten Verb שער III „anerkennen(?), fürchten(?)” (17) und dem seltenen שער II „stürmen” (ni) in Ps 50,3 notiert.

60 Er ist mit Ausnahme von Dtn 17,8, wo es um zwischenmenschliche Rechtsangelegenheiten geht, im Dtn singulär.

61 Dazu G. Liedke, Art. דןי richten, THAT I, 31978, 445–448, hier: 447, mit Belegen.

62 Vom Kontext und der b-Zeile her schiebt sich diese Bedeutung in den Vordergrund (vgl. auch Ps 135,14).

63 Vgl. noch Ps 135,14 (als Königsmandat in Ps 72,2), mit Blick auf die Nationen vgl. Jes 3,13; Ps 7,9; 96,10; Hi 36,31.

64 Daran schließt sich eine Rüge an (vgl. Ps 81,11).

65 Man beachte hierzu die mit identischen Verben des Erinnerns, Verstehens bzw. Vergessens gemachten Aufrufe und Aussagen in Dtn 32,7.18.29 und Ps 50,22.

66 Berührungen zum Schilfmeerlied ergeben sich zwischen Ps 74,2.11f(f). und Ex 15,6.12f.16–18.

67 Vgl. Sanders, Provenance, 360.362.368f.371.399; Markl, Volk, 274.279; Otto, Abschiedslied, 642. 659f.; Ders., HThKAT, 2166.

68 Das gute Gegen- bzw. Vorbild stellt Israel (nach Aussage der Fremdvölker!) als עם־ח כםונ בון „weises und einsichtiges Volk” in Dtn 4,6 dar; vgl. dazu auch Dtn 32,29 (bezogen auf Joseph und Salomo bzw. deren Herz in Gen 41,33.39; 1. Kön 3,12, auf eine Pluralität an Stammesführer in Dtn 1,13).

69 Die Wendung findet sich nur hier. Dass die Varianz in 21 sich poetischer Gepflogenheit (Vermeidung der Doppelung von םע) verdankt, synonym zu verstehen ist und keine Differenzierung beinhaltet, erscheint mir aufgrund des Sinnspiels mit den beiden Begriffen keine hinreichende Erklärung. Der Ausdruck wird verwendet, um anzuzeigen, dass Israel das Verhalten eines (törichten) Fremdvolks übernimmt.

70 Zu den Gründen für die Referenz auf Israel vgl. Schmidtkunz, Moselied, 69–72. Otto, HThKAT, 2187, bezieht „Nation” mit weniger überzeugenden Gründen auf ein Fremd- bzw. Feindvolk.

71 Im Liedrahmen (Dtn 31,20) wird unter Verwendung desselben Verbs (נץא) Israels Verhalten (Götzendienst, Bundesbruch) angekündigt.

72 ML (und Rahmen) differenzieren zwischen םע als Gottes Bundesvolk (6.8f.21.36.43, vgl. 31,7.12.16; 32,44) und der Bezeichnung גיו für ein törichtes (Fremd-)Volk bzw. im Plural für Fremdvölker (8.21.43, vgl. 31,3). Lediglich in 8 wird abweichend davon bei den Gebieten/Grenzen der Nationen עמים, und in 28 – wie erwähnt – für Israel die Bezeichnung גיו verwendet (mit der Absicht, Israels Verhalten als „heidnisch” zu charakterisieren). In Ps 74 erscheint die Begrifflichkeit „Volk/Nation” nur hier (und allenfalls in 14). Von Israel wird sonst mit anderer Begrifflichkeit gesprochen (vgl. 1f.). In den APss wird in der Regel der Begriff םע für Israel reserviert (im Plural für Fremdvölker in 77,15), bei Fremdvölkern dagegen ist von גוים die Rede (außer im Singular für Israel in 83,5). Man beachte auch die Differenzierung v.a. im mit Ps 74 verwandten Ps 79 (1.6.10: „Nationen”, 13: „dein Volk”).

73 Otto, HThKAT, 2166, sieht den Anfang der Berührungen ebenfalls in Dtn 32,6, wo die Treulosigkeit des Volkes (5) an das Motiv des „törichten Volks” in Ps 74,18 anknüpfe, die Aussage dadurch einen hintergründigen Bezug erhalte, der auf die nachfolgenden Aussagen im ML vorausweise: „Ps 74 handelt vom Feindvolk, das Jhwh schmäht, und an dem Jhwh um seines Volkes willen das Gericht vollziehen wird … Durch die Bezüge zu Ps 74 ist Moses Unheilsprophetie in Dtn 32 amphibolisch gelesen auf die Zerstörung des Jerusalemer Tempels bezogen, ist doch Kern dieses Gemeindegebets die Tempelklage in Ps 74,1–11 …”

74 Zu Formulierungen unter Verwendung von בןי vgl. auch Dtn 32,7.29. Diese Annahme setzt voraus, dass das ML später als Dtn 4 anzusetzen ist (diese Fragestellung wird hier nicht bedacht). Otto, HThKAT, 2175, setzt ML später an als Dtn 4. Schmidtkunz, Moselied, 263f., die Dtn 4,6 mit Blick auf 32,6 nicht erwähnt, aber weitere Parallelen aus Dtn 4 anführt, geht auch von Dtn 4 → ML aus.

75 Man beachte, dass die im gleichen Psalmvers verwendete Schmäh-Begrifflichkeit im Lied-Rahmen erscheint und mit Israel und der künftigen Aufführung des Lieds in Verbindung gebracht wird (Dtn 31,19–21). Ein (dtr) Schuldgeständnis bietet der Psalm, (älteren) Volksklagen entsprechend, allerdings nicht (anders APs 79).

76 Es gibt weitere Anknüpfungsmomente an das ML: Jhwh hat kundgetan, dass er nach erfahrener Kränkung sein eigenes (törichtes) Volk durch eine „törichte Nation” kränken (כעס) bzw. zur Eifersucht reizen will (vgl. 16.19.21bis.27, vgl. auch 31,29). Dass dies zu Not und Bedrängnis durch ein Feindvolk führt, wird im ML ebenfalls gesagt.

77 Man beachte auch die Ähnlichkeit der „Feind”-Begrifflichkeit: Neben dem (Dtn 32,27.31.42; Ps 74,3.10.18) ist auch vom (Dtn 32,27.41.43; Ps 74,10, ähnlich das wurzelverwandte Ps 74,4.23) die Rede, mehrfach in suffigierter Weise („deinen/seinen Bedrängern/Feinden”).

78 Vgl. Finsterbusch, Song, 639: „The song gives the reason why God let Israel survive the catastrophe: because of his mercy and his devotion to his people.”

79 Ähnliche Wechselaussagen finden sich auch im ML, in der Abfolge vom ersten zum zweiten Bikolon in 21 und dann nochmals in 30f.

80 Mit „Gemeinde” (עדה) – der Begriff erscheint im Dtn nicht – und dem „Stamm deines Erbbesitzes” (= der Jhwh eigene Stamm, vgl. KAHAL 582) wird an Israel insgesamt zu denken sein (vgl. Jer 10,16; 51,19, ferner Ps 122,4).

81 Es erscheinen Formen der Wurzel חףר (Verb: 10.17.18, Nomen: 22); im ML ist die Wurzel nicht belegt. Zu dem in beiden Texten erscheinenden, synonymen Verb נץא s. nachfolgend.

82 Der Narr ist parallelisiert mit dem Feind und steht pars pro toto für das törichte Volk, das JHWHs Namen geschmäht hat. „Bedränger, Feind” werden im Plural (4.23) wie auch – mehrheitlich – im Singular (3.10bis.18) erwähnt. In der finalen Stanze von Ps 74 (18–23) werden für Bedrängende und Bedrängte überwiegend singularische Begriffe verwendet (Ausnahmen: Arme in 19, Bedränger in 23).

83 Die Rede vom „Festlegen” (נבצ hi) der „Grenzen/Gebiete” (גבולות) findet sich im AT außer in Dtn 32,8 und Ps 74,17 lediglich noch in Spr 15,25.

84 Nimmt man den Beleg aus dem ML-Rahmen (31,20) hinzu, geht Israels Schmähen/Verwerfen JHWHs Gottes Verschmähen von Israel im ML (19) voraus.

85 Das Verb ist mit zwei Dutzend Belegen nicht allzu häufig im AT: im Pentateuch 5mal, davon 2mal in Dtn: 31,20; 32,19; 5mal im Psalter, in den APss in 74,10.18 (außer im ML liegen alle erwähnten Belege im pi vor).

86 Otto, Abschiedslied, 673.

87 Otto, HThKAT, 2166.

88 Otto (Abschiedslied, 659; HThKAT, 2166) erwähnt Dtn 32,6/Ps 74,2.18; Dtn 32,9/Ps 74,2; Dtn 32,8/Ps 74,16f.; Dtn 32,21/Ps 74,18; Dtn 32,24/Ps 74,19.

89 Vgl. Otto, HThKAT, 2118–2120 (Exkurs).

90 Zu den Verbindungen von Ps 77 mit dem Schilfmeerlied (vgl. 11.14–17.21 mit Ex 15,6.8.11–14.18) bzw. dem Moselied vgl. Weber, Psalm 77, 207–211.234–236. Bei Otto, Abschiedslied, 660 (Fußnote), findet sich lediglich der knappe Hinweis, dass in Dtn 32,7 auf Ps 77,6(f.) angespielt werde.

91 Zunächst (6a) erscheint das spezifischere Verb חבש, das mit dem Durchsuchen der Zeiten eine einschätzende Bewertung verbindet; das herkömmliche, auch in Dtn 32,7 vorliegende Verb für das Gedenken (זרכ) folgt danach (7a, ferner 4a.12ab).

92 Zum Zorn-Motiv vgl. Dtn 32,22 (sowie Dtn 31,17f.) mit Ps 77,(8–)10.

93 Ps 143,5 synthetisiert Ps 77,6f. und ist offenkundig vom APs abhängig.

94 Zu diesem komplexen wie wichtigen Scharniervers 11 vgl. Weber, Psalm 77, 107–111.

95 Jes 63,11 dürfte ML (7) und Ps 77 (6f.) kennen und kombinieren. Zur Relation von Jes 63,7–64,11 zum ML vgl. Schmidtkunz, Moselied. 277,280.294–296, zu den APss Weber, Asaf und Jesaja, 462–473.

96 Auch das Motiv des Endes/Ausgangs findet sich in beiden Stücken, vgl. Dtn 32,20.26.29.36 mit Ps 77,8f.

97 Das ML (und Ex 15) ist freilich nicht die einzige Überlieferung, welche die Wende von der Klage zum Lob bewirkten. Wesentlich war die Einsicht, dass Gottes Verbergen in der Not sich zum (neuerlichen) Entbergen seiner Machtpräsenz verändern kann (vgl. Weber, Psalm 77, 95–111). Zwar lässt sich auch diese „Umkehr” JHWHs dem ML entnehmen, doch wichtiger war der von JHWH aufgrund seiner Asymmetrie der Gnade gegenüber der Vergeltung (vgl. Ex 34,6f.) gewährte Neuanfang nach der Errichtung des Goldenen Kalbs. Ähnlich wie Mose JHWHs Angesicht zu besänftigen vermochte (vgl. Ex 32,11–14), tritt mit Ps 77 ein (levitischer?) „Mittler” in den Riss zwischen Gott und seinem Volk, damit Gott (nochmals) einen Neuanfang gewähre. Zu Ps 77 als „Mittlerklage” vgl. ebd., 191–198.221–233.

98 Weber, Psalm 77, 235.

99 Liest man Dtn 32,9 mit Schmidtkunz, Moselied, 19.146f., „Ja, Jhwh teilte sich sein Volk Jakob zu, / sein abgemessenes Erbteil Israel” (mit Sam und LXX, gegen MT), so verstärkt sich die Parallelität zu Ps 78,71.

100 Zu diesem bedeutsamen Psalm vgl. B. Weber, Psalm 78: Geschichte mit Geschichte deuten, ThZ 56, 2000, 193–214 = Ders., Wie ein Baum, 223–246 (überarbeitete Neuausgabe); J. Gärtner, Die Geschichtspsalmen. Eine Studie zu den Psalmen 78, 105, 106, 135 und 136 als hermeneutische Schlüsseltexte im Psalter, FAT 84, Tübingen 2012, 36–134; A. Klein, Geschichte und Gebet. Die Rezeption der biblischen Geschichte in den Psalmen des Alten Testaments, FAT 94, Tübingen 2014, 80– 138/186.

101 Vgl. Otto, Abschiedslied, 660–663.671–673; ders., HThKAT, 2166–2168.2178.2201–2203; Markl, Volk, 272f.; Schmidtkunz, Moselied, 276–287.302–313; Gärtner, Geschichtspsalmen, 52f.; Klein, Geschichte, 111.118f.130.

102 So zuletzt, unter Herausstellung der Unterschiede zwischen ML und Ps 78, Schmidtkunz, Moselied, 147.273–275.284–287.

103 Vgl. über die beiden Belege hinaus noch Hos 6,5; Ps 19,15; 54,5; Spr 4,5; 5,7; 7,24; 8,8; in Verbindung mit dem Imperativ von אןז aber nur im ML, im APs 78 und in Ps 54,4.

104 In Ps 78 wechselt die prophetische Gottesrede kurz danach zu weisheitlicher Belehrung; vielleicht schon ab 1b oder 2, jedenfalls in 3 ist das sprechende „Wir” nicht mehr die Gottesstimme. Insofern ist (auch) Ps 78 nicht gänzlich ohne Gottesrede. Obwohl das ML Gottesreden enthält, wird Israel jedoch nie als „mein Volk” angesprochen; anders in den APss, vgl. namentlich Ps 50,7, ferner 81,9.12.14.

105 Ähnlich Gärtner, Geschichtspsalmen, 53, die annimmt, dass die Eröffnung des ML im Hintergrund von Ps 78,1 stehe und der Sprecher des Psalms durch Bezüge zu Dtn 32,1 sich in die Tradition von Mose stelle. Bei Annahme der umgekehrten Abhängigkeitslage hätte das ML die Zeugenfunktion aufgrund des Erzählrahmens ergänzt.

106 Wie sich bereits am Verb נהח zeigt, nimmt das Motiv von Gottes Führen seines Volkes gegenüber dem ML (12) breiteren Raum ein (14.53.72, vgl. auch APs 77,21 – in beiden APss am betonten Schluss).

107 Markl, Volk, 273, meint, dass das ML mit seiner „harten Geschichtsperspektive und seinem ungestümen Gottesbild” die APss herausgefordert habe, „eine, gemäßigtere' Sicht sowohl der Geschichte als auch Gottes zu vermitteln” (damit ist auch etwas über die Abhängigkeitsrichtung gesagt, obwohl Markl sich diesbezüglich sonst zurückhält).

108 Klein, Geschichte, 111.

109 Der Begriff צור ist bei seinem erstmaligen Auftauchen „markiert” (Artikelsetzung, casus pendens) und damit hervorgehoben. Zur Gottesbezeichnung ausführlich Wüste, Fels, 107–156.

110 Vgl. noch Jes 44,8; 48,21. Anders als beim „Abschiedslied” von Mose (ML) findet sich diese Doppelheit beim „Abschiedslied” von David (2. Sam 22 = Ps 18) jedenfalls nicht.

111 Vgl. auch die Erwähnung der „jungen Männern” und „jungen Frauen” in Dtn 32,25 und Ps 78,22.

112 Vgl. dazu auch Schmidtkunz, Moselied, 131–133, mit Präferierung der Variante aus 4Q37 „… nach der Zahl der Gottessöhne”.

113 Die unmittelbare Verbindung der beiden Begriffe ist exklusiv und erscheint außer Dtn 32,9 und Ps 78,55 lediglich noch in Ps 105,11 = 1. Chr 16,18.

114 Vgl. darüber hinaus noch כעס allein in Dtn 32,19.27.

115 Otto, HThKAT, 2166. In Ders., Abschiedslied, 660f. (Fußnote), werden an Verbindungen aufgeführt: 32,1/78,1; 32,7/78,3–7; 32,5f.20/78,8; 32,7/78,2–4; 32,15/78,29f.; 32,16/78,58; 32,22/78,62f.; 32,30/78,48.

116 Otto, Abschiedslied, 660.

117 Otto, Abschiedslied, 660f.

118 Otto, HThKAT, 2166.

119 Anders der Schluss Ps 77,20f., wo Gottes Führen durch Mose (und Aaron) das letzte Wort behält.

120 Vgl. die obige Tabelle und Weber, Psalm 78, 224–227.234f. (194–197.204).

121 So bei Datierung dieser APss in die exilisch-frühnachexilische Zeit und späterer Ansetzung des ML.

122 So mit MT und Sam (4Q44 und LXX: „seine Kinder/Söhne”).

123 Vgl. ähnlich 2. Kön 9,7, dazu Sanders, Provenance, 423f. Die beiden Begriffe sind semantisch konträr und lautähnlich.

124 Dtn 32,43 spiele auf Ps 79,10 an, vgl. Otto, Abschiedslied, 660 (Fußnote).

125 Vgl. Schmidtkunz, Moselied, 259f., ferner 28–30.229–232.248–252.

126 Für die erste Deutung vgl. namentlich der mit Dtn 32,36ab identische Vers Ps 135,14, ferner Ps 54,3; 68,6, für die zweite u.a. APss 50,4; 76,9 und die Rezeption von Dtn 32,35f. (LXX) in Hebr 10,30 (36b bleibt unerwähnt).

127 Schmidtkunz, Moselied, 229f., bezeichnet den Parallelismus als synthetisch und schließt die b-Zeile konjunktivisch an: „Ja, richten wird JHWH sein Volk / und über seine Knechte sich erbarmen.”

128 Schmidtkunz, Moselied, 260.

129 Hinzuweisen ist noch auf das Prophetenwort an Jehu in 2. Kön 9,7, wo in spezifischer Weise von JHWHs Knechten die Rede ist. Sanders, Provenance, 423f., erwähnt zudem noch einen aramäischen Beleg aus dem 8. Jh. v. Chr. (KAI 224,11f.).

130 So auch Sanders, Provenance, 230f.; Otto, HThKAT, 2145.2190. Während die ahndenden Aussagen in der Gottesrede 34f. auf Feindvölker gemünzt sind, deutet die nachfolgende menschliche Zwischenrede (36) diese als Heilsworte für das Volk. In der letzten Gottesrede (37–42) wird das Gerichtexplizit gemacht.

131 Zum APs 81 vgl. Weber, Werkbuch III, 169–171. Otto (Abschiedslied, 660–662.665; HThKAT, 2166f.2178) vertritt die Priorität des Psalms gegenüber dem ML; Schmidtkunz, Moselied, 159f.255.273–277.281f.287–289, votiert für die umgekehrte Abhängigkeit. In der Tendenz eher für eine Priorität des ML sprechen sich Sanders, Provenance, 170f.173.385f.389–392, und Markl, Volk, 273f.279, aus.

132 Zur Differenzierung zwischen qal, pi und hi von רנן vgl. E. Jenni, Das hebräische Pi'el. Syntaktischsemasiologische Untersuchung einer Verbalform im Alten Testament, Zürich 1968, 154f. Er unterscheidet bei den fünf hi-Belegen zwischen normal-kausativem („jauchzen veranlassen”, so in Ps 65,9; Hi 29,13 und wohl auch Dtn 32,43) und innerlich-kausativem Gebrauch („sich veranlassen, zu jauchzen”, so in Ps 32,11; 81,2). In der Regel wird in Ps 81 das Verb mit Präpositionalobjekt (ל) als „Gott zujauchzen” o.ä. übersetzt. Dies ist möglich, hier aber wird (wie für Dtn 32,43) eine normal-kausative Auffassung präferiert.

133 In Dtn 32,43 ist es „sein Volk”, in Ps 81 erscheint die angezielte Größe erst in der Gottesrede (9: „mein Volk”, ferner 12.14). Die direkt Adressierten – unter Annahme des normalen Kausativs – bleiben in Ps 81 ungenannt (gottesdienstliche Verantwortliche), im ML sind es die „Nationen” (MT) oder die „Himmel” (4Q44). In das Verstehen involviert sind neben Syntax und Pragmatik beim ML auch textkritische Sachverhalte (dazu Otto, HThKAT, 2145.2152f.2195; Wüste, Fels, 56–63; Schmidtkunz, Moselied, 30.42–45). Ich interpretiere das Morphem עומ in 4Q44 nicht als suffigierte Präposition („zusammen mit ihm”, so LXX), sondern als „sein Volk” (wie MT).

134 Zu diesem Vers stellen sich eine Reihe von Interpretationsfragen, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Kolometrisch ist von zwei Versen auszugehen: einem Bikolon 6ab und einem die zweite Stanze eröffnenden Monokolon 6c (das mit dem Monokolon 11c die Stanze rahmt).

135 Im Singular in den APss noch 78,5; 80,1 (Präskript). Im Dtn erscheint der Begriff nur im Plural (4,45; 6,17.20). Mit dem Nomen (im Singular!) wird häufig das verschriftete Depositum in der Lade bzw. diese als „Lade des Zeugnisses” bezeichnet (vgl. u.a. Ex 25,16.21f.; 40,3.5.20f.; Num 7,89; Jos 4,16). Es lässt sich erwägen, ob עדות „Zeugnis” in Ps 81 sich nicht nur auf die Festanordnung bezieht (vgl. Dtn 16), sondern Tora-Verlesung und Lied-Aufführung einschließt (vgl. 6.9 mit Dtn 31,9–13.19–22).

136 Verwendet wird das Nomen דע „Zeuge” oder das Verb עוד II, vgl. Dtn 31,19.21.26.28; 32,46; Ps 50,7.

137 Gegenüber der Gattungseinstufung des ML als „Streitrede”, deren eigentlicher Begriff (ריב) weder im ML, in dessen Rahmen noch in den beiden Asaph-Festpsalmen erscheint (unter den APss nur in Ps 74,22), liegen diese Wurzelableitungen effektiv vor und passen zur Charakterisierung besser, wobei mit dem verbalen „(Be-)Zeugen” ein anklagender, warnender Akzent verbunden ist.

138 Dem Psalm muss das ML mit seinem narrativen Rahmen bekannt gewesen sein. Bei einer Priorität von Ps 81 wäre die Zeugen-Begrifflichkeit in den narrativen Rahmen, aber nicht ins ML eingegangen. Oder aber diese ist – wahrscheinlicher – nicht von Ps 81, sondern von Dtn 4,26; 8,19; 30,19 her inspiriert.

139 Ein Höraufruf von Mose und den Leviten findet sich auch in Dtn 27,9. Zur Verbindung der Verben „zeugen, warnen” und „hören” vgl. über Ps 50,7; 81,9 hinaus auch Jer 6,10; 11,7; Am 3,13; Neh 9,29.

140 Die Aufforderung verweist mehrsinnig auf den selbst verschuldeten Mangel und die Notwendigkeit sowie das Angebot der Speisung sowohl mit Gottes Wort (welches dann aufgenommen und das Verhalten bestimmen soll) als auch mit Nahrung (vgl. 12–14.17).

141 Gemäß Sanders, Provenance, 385f., ist die Bezeichnung ilum nakrum im Akkadischen seit der altbabylonischen Zeit belegt, und die Wendung אלנרכ impliziert gegenüber אל אחר (Ex 34,14), „that the god concerned was previously unknown”. Im ML-Rahmen ist von den „fremden Göttern des Landes” bzw. „anderen Göttern” die Rede (Dtn 31,16.18.20, vgl. auch Jos 24,20; Jer 5,19 - hier sind zusätzlich זרים erwähnt).

142 Vgl. außerdem Ex 20,2.5; Jes 51,15; Hos 12,10; 13,4. Im ML findet man einen diesbezüglichen Anklang in der Selbstaussage JHWHs in 39ab.

143 Vgl. aber Ps 81,6b (jedoch mit der Präposition לn).

144 In den beiden Hos-Belegen ohne Verb.

145 Mit „Jhwh, dein Gott” teilt Dtn 20,1 zudem zwei weitere Begriffe mit Ps 81,11a. Vgl. ähnlich noch Lev 11,45; Jos 24,17; 2. Kön 17,7; Jer 2,6. Die Einleitung des Kriegsgesetzes (Dtn 20,1–4) hat weitere Verbindungen zu Ps 81 (und Dtn 31,6 im ML-Rahmen), vgl. den Aufruf: „Höre, mein Volk/Israel” (Dtn 20,3; Ps 81,9, ferner 81,12.14) sowie das Eingreifen JHWHs gegen die Feinde (vgl. Ps 81,15).

146 Man beachte auch das Eifersuchtsmotiv im ML (Dtn 32,21), wo Jhwh wie im Dekalog als אלקאנ „eifersüchtiger Gott” vorgestellt wird bzw. sich vorstellt (vgl. Dtn 5,9, ferner 4,24; 6,15, weiter auch Ex 20,5; 34,14).

147 Otto (Abschiedslied, 665; HThKAT, 2166f.2178) sieht das Verbot von Ps 81,10 in Dtn 32,12 als erfüllt aufgenommen, in Dtn 32,16 dann aber als im Land übertreten gekennzeichnet. Zieht man Dtn 5,6(f.) bei – was er nicht tut, vielmehr verweist er auf Ex 34,14 als Vorlage von Ps 81,10 (was eher für das ML gelten könnte) –, so läge gemäß seiner Argumentation die Abfolge Dekalog (oder Ex 34,14) → APs 81 → ML vor.

148 Das Verb כחש erscheint im Dtn einzig in 33,29, in den APss lediglich in 81,16 (ähnlich noch in 2. Sam 22,45 = Ps 18,45, ferner Ps 66,3). Eine ähnliche Aussage wie im Mose-Segen findet sich im Mose-Lied (Dtn 32,13): Ließ Jhwh sein Volk einherfahren על־במותי אץר „auf den Höhen des Landes (o-der: der Erde)”, so verspricht Mose, dass Israel על־במותימ „auf ihre (= der Feinde) Höhen” tritt. Das Einhergehen auf den Höhen des Landes wird im ML mit dem Essen der Felderträge verbunden.

149 Abgesehen von diesen beiden Stellen findet sie sich lediglich noch in Ps 147,14.

150 Auch Schmidtkunz, Moselied, 159f.273f., hält es für wahrscheinlich, „dass Ps 81 eine Vielzahl anderer Texte rezipiert hat, zu denen auch das Moselied gehört” (ebd., 159f.).

151 Vorsichtiger diebezüglich mein Doktorvater: Seybold, Krise, 177 (68), spricht von Analogien und Parallelen und vom ML als dem „inneren Kreis der theologischen Tradition der Asafpsalmen” – er nennt Ps 50; 81; 82 und 78, dazu die „deuteroasaphitischen Psalmen” 105 und 106 – nahe stehend, „näher als der dtr Einheitstheologie”.

152 Stimmt man der vorgelegten Chronologie zu, ergeben sich Anfragen sowohl was Ottos spätpersische Ansetzung des ML (4. Jh. v. Chr.) als auch meine Frühverortung der APss (8. Jh. v. Chr. bis Exil, teils Herkunft aus dem Zehnstämme-Gebiet) betrifft. Vgl. B. Weber, Zur Datierung der Asaph-Psalmen 74 und 79, Bib. 81, 2000, 521–532 = Ders., Wie ein Baum, 187–200; Ders., Psalm 78; Ders., Asaf und Jesaja, 458f.477–480; Ders., Asaph im Psalter. Die von Otto (ML) und mir (APss) vertretenen Entstehungsannahmen sind untereinander nicht korrelierbar.

153 Dazu gehören Erwägungen rund um den Verfasser-, Überlieferungs- und Trägerkreis. Die in den APss erkennbare, stupende Kenntnis von mit Mose verbundener (pentateuchischer) Überlieferung ist auffällig. Goulder, Psalms, hat diesen Befund mit aus dem Zehnstämmereich herkommender Überlieferung und den Pentateuch-Strata (E, D, J, P) korreliert. Das Theoriegebilde vermag insgesamt nicht zu überzeugen, ist aber zu Unrecht fast gänzlich ignoriert worden. Es ist jedenfalls zu erwägen, ob nicht Evidenzen für Trägerkreise zu gewinnen sind, die für Überlieferungs- und Werdeprozesse dieses Schrifttums (teils) verantwortlich sind.

154 Ps 78 lässt einen mit dem ML wie den APs 50; 81 vergleichbaren Aufführungszusammenhang vermuten, hat mit seiner geschichtshermeneutischen Ausprägung jedoch einen eigenen Charakter.

155 Das ML wird im Titel von Ottos Aufsatz als „Abschiedslied” bezeichnet. Über den retrospektiven Aspekt hinaus ist ihm zugleich ein prospektives Moment eigen. Mose gibt für die Zeit nach ihm (aber mit seiner Tora) dem Volk für die Zukunft im Land ein warnendes „Zeugnis” (Dtn 32) und einen „Segen” (Dtn 33) auf den Weg.

156 Aus Dtn 31,9–13.19–27 geht hervor, dass die die Funktionen der Bewahrung und Verlesung der Tora wie das Vortragen des zur Tora gehörenden Lieds ebenso wie die Verantwortlichkeit für die Lade künftig den Leviten obliegt, vgl. auch Sonnet, Book, 134–180.

157 E. Otto, Deuteronomium 1–11. Erster Teilband: 1,1–4,43, HThKAT, Freiburg i.Br. 2012, 15f., schreibt nach Ausführungen zur Berechtigung historisch-kritischer Arbeit am Pentateuch: „Gleichzeitig aber darf die historische Kritik nicht dazu führen, dass der Text in seiner uns vorliegenden Gestalt verloren und zugunsten des Verstehens von Vorstufen nicht mehr verstanden wird, was vor die Herausforderung stellt, diachrone, an der Erfassung der Entstehung des Textes orientierte und synchrone an der Interpretation des vorliegenden Textes orientierte Methodik in der Kommentierung zu vermitteln. Dieser Aufgabe stellt sich der vorliegende Kommentar und darin sehe ich als sein Autor sein Spezifikum und seine Hauptaufgabe.”

158 Einige Forscher bezeichnen die historische als allein relevante Fragestellung.

159 Mit der Poesie von Ex 15 und Dtn 32 ruht der Erzählfaden und wird die Vergangenheit in die Gegenwart gehoben – ein Charakteristikum (psalmischer) Verspoesie. Vgl. dazu die Überlegungen von E. Ballhorn, Mose der Psalmist. Das Siegeslied am Schilfmeer (Ex 15) und seine Kontextbedeutung für das Exodusbuch, in: E. Ballhorn / G. Steins (Hg.), Der Bibelkanon in der Bibelauslegung. Methodenreflexionen und Beispielexegesen, Stuttgart 2007, 130–151. Diverse Zeitlagen und Stimmen machen das ML gegenüber dem Schilfmeerlied komplexer.

160 Freilich gibt es auch für das ML Hinweise, dass dieses ohne Kontext überliefert (und verwendet) worden sein könnte und jedenfalls später wurde. Ob nur späteres Ausklinken des ML aus der vorliegenden Eintextung für Zweitverwendungen anzunehmen ist oder das ML (oder Teile daraus) eine eigene Vorgeschichte hat und später in Abstimmung mit und/oder Hinzufügung von Geschichtserzählungen in Dtn (und Pentateuch) eingefügt wurde, wird bekanntlich diskutiert. Vgl. dazu auch den handschriftlichen Befund (4Q44, mit stichographischem Layout) und die Aufnahme des ML in die Oden und in die Tefillin (4Q141), dazu Wüste, Fels, 27f.; Schmidtkunz, Moselied, 31.

161 G. Steins, Kanon und Anamnese. Auf dem Weg zu einer Neuen Biblischen Theologie, in: E. Ballhorn / G. Steins (Hg.), Der Bibelkanon in der Bibelauslegung. Methodenreflexionen und Beispielexegesen, Stuttgart 2007, 110–129 = Ders., Kanonisch-intertextuelle Studien zum Alten Testament, SBAB 48, Stuttgart 2009, 61–85, hier: 74–84 (120–128), kennzeichnet in dem Zusammenhang biblische Theologie in „kanonischem” Horizont in ihrer Funktion als Anamnese. Dazu fügt sich, dass zum Kanon das Moment des Überzeitlichen oder Jederzeitigen und insofern auch des allzeit Bedeutsamen, des Normativen, gehört, vgl. Ders., Geschichte, die im Rahmen bleibt. Kanonische Beobachtungen an 1 Sam 2 und 2 Sam 22f, in: Ballhorn/Steins (Hg.), Bibelkanon, 198–211 = Ders., Studien, 209–226, hier: 225f. (211).

162 Fisch, Poetry, 65.

163 Vgl. B. Weber, Meint die Tora JHWHs in Psalm 1,2 (auch) den Psalter? Erkundungen zur Reichweite des Tora-Begriffs, BN 178, 2018, 75–102 (mit Lit.). Ausgehend von den in Dtn 31f. erwähnten Leviten, die mit der Lade, der daneben deponierten Tora und ihrer Vermittlung beauftragt wurden, wären unter Einbezug der APss weitere Aspekte in den Blick zu nehmen. Vgl. hierzu u.a. S.L. Cook, The Social Roots of Biblical Yahwism, StBl 8, Atlanta, GA 2004, 15–44.53–65.126–132.236–241; M. Leuchter, The Levites and the Boundaries of Israelite Identity, New York 2017, 24–28.62–98.136.

188 Weber, Asaph im Psalter.

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