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Schriftgelehrte Fortschreibungen und Auslegungen im Alten Orient, in der Hebräischen Bibel und in Qumran. Rezensionsartikel zu Walter Bührer (Hg.), Schriftgelehrte Fortschreibungs- und Auslegungsprozesse

Eckart Otto


Seiten 305 - 318

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.26.2020.0305




München

1 Siehe W. Bührer (Hg.), Schriftgelehrte Fortschreibungs- und Auslegungsprozesse, Forschungen zum Alten Testament II/108, Tübingen 2019, VIII+287 S.

2 Siehe M. Fishbane, Biblical Interpretation in Ancient Israel, Oxford/New York 2004.

3 Siehe dazu E. Otto, Die Geschichte der spätbiblischen und frühjüdischen Schriftgelehrsamkeit, in: Ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte. Gesammelte Studien, BZAR 8, Wiesbaden 2008, 564–602; Ders., Innerbiblische Exegese im Heiligkeitsgesetz Leviticus 17-26, in: Ders., Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Aufsätze, BZAR 9, Wiesbaden 2009, 46–106.

4 Das Inhaltsverzeichnis weist Fehler auf. Der Beitrag von E. Frahm sollte mit dem vom Verf. gewählten Titel und nicht nach dem Inhaltsverzeichnis zitiert werden.

5 Siehe E. Frahm, Babylonian and Assyrian Commentaries. Origins of Interpretation, Guides to the Mesopotamian Textual Records 5, Münster 2011.

6 Siehe Z. Wainer, The Series “If the Moon at Its Appearance” and Mesopotamian Scholarship of the First Millennium BCE, PhD Diss. Brown University, Providence 2016.

7 E. Frahm rechnet zu den Gegentexten und Transformationen des babylonischen Enūma Eliš auch den priesterschriftlichen Schöpfungsbericht in Gen 1,1–2,4*. Dem ist aus Sicht der Alttestamentlichen Wissenschaft zuzustimmen. Die Teilhabe an zeitgenössischen Modernisierungsprozessen der Weltinterpretation, der im ersten Jahrtausend Mesopotamien, Syrien, Israel und Ägypten parallel erfasst hat, und die Abfassung von Texten subversiver Rezeption und Gegentexten innerhalb dieses Prozesses schließen sich keineswegs aus, sondern sind Teil ein und derselben kulturhistorischen Entwicklung; siehe dazu E. Otto, Assyria and Judean Identity. Beyond the Religionsgeschichtliche Schule, in: D.S. Vanderhooft/A. Winzinger (Hg.), Literature as Politics, Politics as Literature. FS P. Machinist, Winona Lake 2013, 339–347.

8 Die Ersetzung des Kronprinzen im assyrischen Loyalitätseid Asahaddons (VTE) durch JHWH in Dtn 13 ist ein paralleler Vorgang. Siehe dazu E. Otto, Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284, Berlin/New York 1999, 1–90; Ders., Deuteronomium12,1– 23,15, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT), Freiburg/Basel/Wien 2016, 1201–1272.

9 Siehe dazu E. Jiménez, Commentary on Codex Hammurapi (CCP 5.1, 2014), in: Cuneiform Commentaries Project (E. Frahm u.a.), 2013–2018; https://ccp.yale.edu/P461271. DOI: 10079/hqbzkw0. In der Überlieferungsgeschichte der keilschriftlichen Rechtssammlungen ist mit mehrfachem Funktionswechsel seit dem zweiten Jahrtausend zu rechnen; siehe E. Otto, Kodifizierung und Kanonisierung von Rechtssätzen in keilschriftlichen und biblischen Rechtssammlungen, in: E. Lévy (Hg.), La codification des lois dans l'antiquité, Université de Strasbourg. Travaux du Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce antiques 16, Paris 2000, 77–124.

10 E. Frahm ist in seinem Beitrag nicht auf die hermeneutischen Schlussfolgerungen für den keilschriftlichen Wissenschaftsbetrieb eingegangen, die er in seiner Studie zur keilschriftlichen Kommentarliteratur unter der Überschrift “ The legacy of Babylonian and Assyrian hermeneutics” (siehe E. Frahm, Commentaries, 369–383) gezogen hat und dabei auf den atomistischen Charakter keilschriftlicher Hermeneutiken hingewiesen hat: “When they (sc. die mesopotamischen Schreiber) focused their intellectual energies, not on the development of highly abstract ideas, but rather on the innumerable possibilities of combining, in various ways, elements of language, writing system, culture, and natural environment, they drew on what the human mind can do best: wielding, as Novalis called it, ‘the magic wand of analogy’ – ‘den Zauberstab der Analogie gebrauchen‘”; cf. auch M. Van de Mieroop, Philosophy Before the Greeks. The Pursuit of Truth in Ancient Babylonia, Princeton/Oxford 2016, 136ff.

11 Siehe J. Assmann, Altägyptische Kultkommentare, in: Ders./B. Gladigow (Hg.), Text und Kommentar, Archäologie der literarischen Kommunikation 4, München 1995, 93–110.

12 So J. Assmann, Kultkommentare, 108.

13 Dazu ist auch als besonders eindrücklich auf G. Fecht (Der Habgierige und die Ma'at in der Lehre des Ptahhotep [5. und 19. Maxime], Glückstadt/New York, 11–34) zu verweisen. Die Technik der Amphibolie ist in der Hebräischen Bibel großflächig zu einer Intertextualität strukturierenden Technik entwickelt worden; siehe E. Otto, Deuteronomium 23,16–34,12, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT), Freiburg/Basel/Wien 2017, 2163–2196.

14 Die Lücke in der Handschrift 4QpaleoExodm zwischen Ex 20,1 (Kolumne XX) und Ex 20,19a (Kolumne XXI) beweist in keiner Weise, dass das Garizimgebot in dieser Lücke gestanden habe.

15 Fortschreibungen mit dem Ziel der Harmonisierung des Textes betreffen keineswegs nur die Textoberfläche, sondern auch dessen Tiefenstruktur. Indem der Verf. die prä-samaritanischen Fortschreibungen auf formal-technische Aspekte reduziert, enthebt er sich der Notwendigkeit einer literatur- und religionshistorischen Einordnung der prä-samaritanischen Fortschreibungen als einer “homogenen Gruppe” von Fortschreibungen. Der Verf. erkauft diesen Mangel an Einordnung mit einem allzu simplen Bild der Literaturgeschichte des Deuteronomiums und der einseitigen These eines nur nordisraelitischen Ursprungs des Deuteronomiums; siehe dazu S. Schorch, The Samaritan Version of Deuteronomy and the Origin of Deuteronomy, in: J. Zsengéller (Hg.), Samaria, Samarians, Samaritans. Studies on Bible, History and Linguistics, Studia Samaritana 6, Berlin /New York 2011, 23–37; Ein wesentliches Movens der Literaturgeschichte des Deuteronomiums in persischer und hellenistischer Zeit wird so verfehlt, das gerade in dem Diskurs zwischen klein-judäischen und groß-israelitischen Perspektiven beseht; siehe dazu E. Otto, Pentateuch und Hexateuch jenseits von Jerusalem und Juda? Die “Endredaktion” von Pentateuch und Hexateuch in Samaria und Diaspora. Zu einem Buch von Dany Nocquet, ZAR 23, 2017, 303–310. Damit wird der Verf. weder Dtn 11 noch Dtn 27 gerecht; siehe dazu E. Otto, Deuteronomium 4,44–11,32, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT), Freiburg/Basel/Wien 2012,1013.1063–1069; Ders., Deuteronomium 23,16–34,12 (HThKAT), 1910–1958.

16 Siehe dazu auch E. Otto, Mose und das Gesetz. Die Mose-Figur als Gegenentwurf Politischer Theologie zur neuassyrischen Königsideologie im 7. Jh. v. Chr., in: Ders. (Hg.), Mose. Ägypten und das Alte Testament, SBS 189, Stuttgart 2000, 43–83 (Wiederabdruck in: Ders., Die Tora. Studien zum Pentateuch. Gesammelte Aufsätze, BZAR 9, Wiesbaden 2009, 9–45); Ders., Das Gesetz des Mose, Darmstadt 2007, 39.182–184.

17 Dass die vom Verf. mit Ex 16, 1aßγb.2f.9f.11–15.21.31 rekonstruierte priesterschriftliche Grundschicht ohne den Vers Ex 16,3 nicht funktionieren kann, räumt der Verf. ein, doch ist dieser Vers gerade nicht P zuzuschlagen, da er in Ex 16,3b den nP-Vers Ex 14,11a gem. Seidel's law invertierend aufnimmt, man also nicht davon sprechen kann, dass “der Bezug nicht besonders eng” sei, was eine in einer Studie zu textgeleiteten Fortschreibungen erstaunliche Aussage ist. Die vom Verf. angeführten “Motivparallelen” sprechen gegen eine Zuweisung von Ex 16,3 zur Priesterschrift, da keiner der vom Verf. genannten Belege der Priesterschrift zuzuordnen ist. Zum redaktionellen Zusammenhang von Ex 14,11f.; 16,3 mit Num 14,2f. siehe auch Th. Krüger, Erwägungen zur Redaktion der Meerwundererzählung (Ex 13,17– 14,31), ZAW 108, 1996, (519–533) 527f.; J.C. Gertz, Tradition und Redaktion in der Exoduserzählung, FRLANT 186, Göttingen 2000, 202f.; R.G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments, UTB 2157, Göttingen 2000, 200 Anm.80; E. Otto, Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch. Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30, Tübingen 2000, 36–38; R. Achenbach, Die Vollendung der Tora. Studien zur Redaktionsgeschichte des Numeribuches im Kontext von Hexateuch und Pentateuch, BZAR 3, Wiesbaden 2003, 233.

18 Auch dieser Titel sollte nach dem Wortlaut, den der Verf. ihm gegeben hat, zitiert werden, nicht aber nach dem fehlerhaften Literaturverzeichnis.

19 In Bezug auf die Talion des Bundesbuches ist stärker zu differenzieren, als es der Verf. tut, wenn er einseitig die Talion auf eine Kompensation deutet, die Tötung eines Menschen und damit die Todessanktion in Lev 24 aber erst über Ex 21,12 eingebracht sieht. Die talionischen Formeln sind im Bundesbuch insgesamt von ihrem Kontext des apodiktischen und kasuistischen Rechts her zu deuten. So interpretiert das apodiktische Tötungsverbot in Ex 21,12 unter Einschluss der rechtlichen Differenzierung zwischen Mord und Körperverletzung mit Todesfolge die talionische Formel naœpœš taḥat nœpœš, während die übrigen talionischen Formulierungen durch die Sammlung des Körperverletzungsrecht in Ex 21,18-32 interpretiert und in einem wörtlichen Verständnis zugunsten des Ersatzleistungsrechts außer Kraft werden; siehe dazu E. Otto, Wandel der Rechtsbegründungen in der Gesellschaftsgeschichte des antiken Israel. Eine Rechtsgeschichte des “Bundesbuches” Ex XX 22-XXIII 13, Studia Biblica 3, Leiden/New York 1988, 24–44; ders., Die Geschichte der Talion im Alten Orient und Israel, in: D.R. Daniels u.a. (Hg.), “Ernten, was man sät”. FS Klaus Koch, Neukirchen-Vluyn 1991, 101-130 (Wiederabdruck in: ders., Kontinuum und Proprium. Studien zur Sozial- und Rechtsgeschichte des Alten Orients und des Alten Testaments, Orientalia Biblica et Christiana 8, Wiesbaden 1996, 224-245); Ders., Offenses against Human Beings in Private and Public Law, in: P. Barmash (Hg.), The Oxford Handbook of Biblical Law, New York 2019, 36–40; ders., Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie in Platons NOMOI und in der biblischen Tora des Buches Deuteronomium. Zweiter Teil: Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie des Buches Deuteronomium, ZAR 26, 2020, 170ff.

20 Damit werden in Lev 24 allerdings um der priesterlichen Ideologie willen, die das Tötungs- und Körperverletzungsrecht als Sakralrecht interpretiert, die rechtsreformerischen Impulse der Sammlung des Körperverletzungsrechts des Bundesbuchs in Ex 21,18–32 übergangen; siehe dazu E. Otto, Wandel der Rechtsbegründungen (Studie Biblica 3), 28–31; Ders., Körperverletzungen in den Keilschriftrechten und im Alten Testament. Studien zum Rechtstransfer im Alten Orient, AOAT 226, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1991, 118–187.

21 Siehe R. Achenbach, Die Vollendung der Tora (BZAR 3), 93–110.

22 Siehe R. Achenbach, a.a.O., 110.

23 Lev 10, 8–15 ist also keineswegs, wie der Verf. (Narrative and Exegesis, 224) meint, bei einer literarischen Differenzierung in Lev 10 einer “Pentateuchredaktion” zugeschrieben. Damit kämpft er gegen Windmühlen.

24 Cf. auch J. Milgrom, Leviticus 1–16. A Translation with Introduction and Commentary, Anchor Bible 3, New York 1991, 616. 647.

25 E. Otto, Priesterschrift und Deuteronomium im Buch Levitikus. Zur Integration des Deuteronomiums in den Pentateuch, in: F. Hartenstein/K. Schmid (Hg.), Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pentateuchdebatte, Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 40, Leipzig 2015, (161–185) 168f. =Ders.,The Priestly Writing and Deuteronomy in the Book of Leviticus. On the Integration of Deuteronomy into the Pentateuch, Atlanta 2020 (im Druck).

26 Zur Verknüpfung des Heiligkeitsgesetzes mit der postpriesterschriftlichen und postdeuteronomistischen Redaktion des Pentateuchs siehe E. Otto, Innerbiblische Exegese im Heiligkeitsgesetz Leviticus 17–26, in: H.-J. Fabry/H.-W. Jüngling (Hg.), Levitikus als Buch, BBB 119, Berlin 1999, 125–196 (Widerabdruck in: Ders., Die Tora. Studien zum Pentateuch [BZAR 9], 46–106); Ders., Das Buch Levitikus zwischen Priesterschrift und Pentateuch, ZAR 14, 2008, 365-407 (Wiederabdruck in: Ders., Die Tora[BZAR 9], 107–142); R. Achenbach, Das Heiligkeitsgesetz und die sakralen Ordnungen des Numeribuches im Horizont der Pentateuchredaktion, in: Th. Römer (Hg.), The Books of Leviticus and Numbers, BEThL 215, Leuven 2008, 145–175.

27 Siehe dazu R. Achenbach, Vollendung der Tora (BZAR 3), 110–124.

28 Siehe E. Otto, Mose, der erste Schriftgelehrte. Deuteronomium 1,5 in der Fabel des Pentateuch, in: D. Böhler/I. Himbaza/P. Hugo (Hg.), L'Écrit et l'Esprit, Études d'histoire du texte et de théologie biblique. FS Adrian Schenker, OBO 214, Fribourg/Göttingen 2005, 273–284 (Wiederabdruck in: Ders., Die Tora (BZAR 9), 480–489; Ders, Deuteronomium 1,1–4,43, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament(HThKAT), Freiburg/Basel/Wien 2012, 298–328.

29 Siehe B. J. Schwartz, The Visit of Jethro. A Case of Chronological Displacement?, The Source Critical Solution, in: N.S. Fox/D.A. Glatt-Gilead/M.J. Williams (Hg.), Mishne Todah. Studies in Deuteronomy and Its Cultural Environment. FS Jeffrey H. Tigay, Winona Lake 2009, 29–48; J.S. Baden, J, E and the Redaction of the Pentateuch, FAT I/68, Tübingen 2009, 106–114

30 Siehe E. Otto, Deuteronomium 1,1–4,43 (HThKAT), 367–407.604–622. Zu Forschungsgeschichte und Diskussionsstand zur Literaturgeschichte von Dtn 1-3 siehe auch a.a.O., 284–297.

31 Siehe J.G. Plöger, Literarkritische, formgeschichtliche und stilistische Untersuchungen zum Deuteronomium, BBB26, Bonn 1967, 31f.; cf. dazu E. Otto, Deuteronomium 1,1–4,43 (HThKAT), 350.

32 Siehe dazu H.C. Schmitt, Die Suche nach der Identität des Jahweglaubens im nachexilischen Israel. Bemerkungen zur theologischen Intention der Endredaktion des Pentateuch, in: J. Mehlhausen (Hg.), Pluralismus und Identität, Veröffentlichungen der Gesellschaft für Wissenschaftliche Theologie 8, Gütersloh 1995, 259–278; R. Achenbach, Vollendung der Tora (BZAR 3), 237f. Zur literarischen Relationierung der spätnachexilischen Texte Num 11, 16–17.24–25* und Dtn 31, 14–15 siehe E. Otto. Deuteronomium 23,16–34,12 (HThKAT), 2103f.

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