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Strafrechtstheorie und Rechtsanthropologie in Platons Nomoi und in der biblischen Tora des Buches Deuteronomium


Seiten 255 - 293

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.24.2018.0255




München

1 Der folgende Beitrag, der an meinen Kollegen Otto Kaiser erinnert, mit dem mich seit unseren gemeinsamen Ausgrabungen auf dem Tell Kamid el-Loz im Libanon eine kollegiale Freundschaft von fast einem halbem Jahrhundert verband, geht auf meine Vorlesungen “Jerusalem und Athen. Ein Vergleich des Buches Deuteronomium mit Platons NOMOI” im Sommersemester 2018 an der Hochschule für Philosophie in München zurück.

2 Siehe O. Kaiser, Das Deuteronomium und Platons Nomoi. Einladung zu einem Vergleich, in: R.G. Kratz/H. Spieckermann (Hg.), Liebe und Gebot. Studien zum Deuteronomium. FS L. Perlitt, FRLANT 190, Göttingen 2000, 60–79 (= ders., Zwischen Athen und Jerusalem. Studien zur griechischen und biblischen Theologie, ihrer Eigenart und ihrem Verhä ltnis, BZAW 320, Berlin/New York 2003, 39–62).

3 Siehe O. Kaiser, a.a.O. (2003), 61f.

4 Cf. O. Kaiser, Die Bedeutung der griechischen Welt für die alttestamentliche Theologie, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. I. Philologisch-Historische Klasse 2000/7, 299–344 (= ders., Zwischen Athen und Jerusalem [2003], 1–38).

5 Siehe E. Troeltsch, Über den Aufbau der europä ischen Kulturgeschichte, in: ders., Der Historismus und seine Probleme I. Das logische Problem der Geschichtsphilosophie, Gesammelte Schriften III/1, Tübingen 1922, (694–772) 717.

6 Sie dazu E. Otto, Gerechtigkeit in der orientalischen und in der okzidentalen Antike. Aspekte für den ethischen Diskurs in der Moderne im Spannungsfeld zwischen Max Weber und Ernst Troeltsch, in: C. Gestrich (Hg.), Die Aktualitä t der Antike. Das ethische Gedä chtnis des Abendlandes, Beihefte zur Berliner Theologischen Zeitschrift 19, 2002, 44–64.

7 Siehe dazu P. Koschaker, Europa und das römische Recht, München 1947; cf. dazu T. Beggio, Paul Koschaker (1879–1951). Rediscovering the Roman Foundations of European Legal Tradition, Heidelberg 2018, 230–238; E. Otto, Paul Koschaker – Der Begründer der systematischen Erforschung des Keilschriftrechts und des Programms einer europä ischen Kultursynthese des Rechts (in diesem Jahrgang der ZAR); zur Rezeption des römischen Rechts in der kontinentaleuropä ischen Rechtsgeschichte der Neuzeit siehe auch M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mä chte. Nachlaß. Teilband 3: Recht, hg. von W. Gephart/S. Hermes, Max Weber Gesamtausgabe I/22–3, Tübingen 2010, 578–591. Zur Erfassung des Einflusses des römischen Rechts auf die neuzeitliche Rechtsentwicklung in Max Webers Rechtssoziologie cf. H. Treiber, Max Webers Rechtssoziologie – Eine Einladung zur Lektüre, Kultur- und sozialwissenschaftliche Studien 16, Wiesbaden 2017, 44–172.

8 Siehe dazu H. Barta, “Graeca non leguntur”?. Zu den Ursprüngen des europä ischen Rechts im antiken Griechenland, Bd. I, Wiesbaden 2010; Bd. II/1: Archaische Grundlagen. Teil 1, Wiesbaden 2011; Bd. II/2: Archaische Grundlagen. Teil 2, Wiesbaden 2011; Bd. III/1: Das griechische Recht in seinem kulturhistorischen Umfeld – Beispiele aus Dichtung, Geschichtsschreibung, Philosophie und (Kautelar-) Jurisprudenz, Wiesbaden 2014.

9 Zum griechischen Text der Nomoi siehe Platon, Nomon. Gesetze Buch I-XII, Platons Werke, hg. von G. Eigler, Bd. 8, Darmstadt 72016. Zur Übersetzung und Kommentierung siehe K. Schöpsdau, Platon. Nomoi (Gesetze). Buch I-III, Platon. Werke IX 2, Göttingen 1994; ders., Platon. Nomoi (Gesetze). Buch IV-VII, Platon. Werke IX 2, Göttingen 2003; ders., Platon. Nomoi (Gesetze). Buch VIII-XII, Platon. Werke IX 2, Göttingen 2011.

10 Zu den literatur- und rechtshistorischen Details der Auslegung des Buches Deuteronomium siehe E. Otto, Deuteronomium 1,1–4,43, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg/Basel/Wien 2012; ders., Deuteronomium 4,43–11,32, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg/Basel/Wien 2012; ders., Deuteronomium 12,1–23,15, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg/Basel/Wien 2016; ders., Deuteronomium 23,16–34,12, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg/Basel/Wien 2017.

11 Zur Wirkungsgeschichte des Rechts der Hebrä ischen Bibel, insbesondere des Buches Deuteronomium, bis in die Moderne cf. E. Otto, Auszug und Rückkehr Gottes. Sä kularisierung und Theologisierung im Judentum, in: H. Joas/K. Wiegandt (Hg.), Sä kularisierung und die Weltreligionen, Frankfurt/Main 2007, 125–171. Zur Bedeutung der Religions- und Rechtsgeschichte des antiken Judentums der Hebrä ischen Bibel für das Werden der Moderne in der Perspektive von Max Weber siehe E., Otto, Max Webers Studien des Antiken Judentums. Historische Grundlegung einer Theorie der Moderne, Tübingen 2002 (Studienausgabe Tübingen 2011); ders., Max Weber's Sociology of Ancient Judaism as Part of His Project on the Economic Ethics of the World Religions, in: T.C. Ertman (ed.), Max Weber's Economic Ethic of the World Religions, Cambridge 2017, 307–344.

12 Siehe dazu M. Gagarin, Drakon and the Early Athenian Homicide Law, New Haven/London 1986; ferner E. Ruschenbusch, Phonos. Zum Recht Drakons und seiner Bedeutung für das Werden des athenischen Staates, Historia 9, 1960, 129–154 (= ders., Kleine Schriften zur griechischen Rechtsgeschichte, Philippika 10, Wiesbaden 2005, 32–53); G. Thür, Gesetzeskodizes im archaischen und klassischen Athen, in: Mélanges en l'honneur Panayotis D. Dimakis. Droits antiques et société, Athen 2002, 631–640.

13 Zu Hikesie und Asyl in Griechenland siehe A. Chaniotis, Die Entwicklung der griechischen Asylie: Ritualdynamik und Grenzen des Rechtsvergleichs, in: L. Burckhardt u.a. (Hg.), Gesetzgebung in antiken Gesellschaften, Beiträ ge zur Altertumskunde 247, Berlin/New York 2007, 233–246.

14 Zu Demosthenes siehe E. Wolf, Griechisches Rechtsdenken, Bd. III/2: Die Umformung des Rechtsgedankens durch Historik und Rhetorik, Frankfurt/Main 1956, 325–413.

15 Cf dazu P. Scheibelreiter, Pharmakos, aries, und talion. Rechtsvergleichende Überlegungen zum frühen römischen und griechischen Strafrecht, in: R. Rollinger/M. Lang/H. Barta (Hg.), Strafe und Strafrecht in den antiken Welten. Unter Berücksichtigung von Todesstrafe, Hinrichtung und peinlicher Befragung, Philippika 51, Wiesbaden 2012, [23–47] 30f.

16 Das demotisierte ä gyptische Totengerichts dürfte ein Impulsgeber gewesen sein, doch ist auch an Einflüsse des Keilschriftrechts und seiner hethitischen Rezeption zu denken, was aber keineswegs voraussetzt, dass Drakon ein umfä ngliches Gesetzbuch aus dem Vorderen Orient rezipiert habe, wie R. Westbrook (Drakon's Homicide Law, Symposion 2007, 3–16) meinte. Zu den kulturellen Beziehungen zwischen Griechenland und dem Vorderen Orient und Ägypten in vorklassischer Zeit cf. I. von Bredow, Kontaktzone Vorderer Orient und Ägypten. Orte, Situationen und Bedingungen für primä re griechisch-orientalische Kontakte vom 10. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr., Geographia Historica 38, Stuttgart 2017 (siehe dazu die Rezension in diesem Jahrgang der ZAR); H. Barta, Graeca II/1 (2011), 77–103.

17 Cf. R. Maschke, Die Willenslehre im griechischen Recht. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Interpretationen in den griechischen Rechtsquellen, Darmstadt 21968, 20f.

18 Siehe E. Ruschenbusch, Solon, in: ders., Kleine Schriften zur griechischen Rechtsgeschichte, Philippika 10, Wiesbaden 2005, 204–230; W. Schmitz, “Drakonische Strafen”. Die Revision der Gesetze Drakons durch Solon und die Blutrache in Athen, Klio 83, 2001, 7–38.

19 Siehe P.J. Rhodes, A Commentary on the Aristotelian Athenaion Politeia, Oxford 1981, 160–162. 318f. 730.

20 Siehe dazu T. Schirren/T. Zinsmaier (Hg.), Die Sophisten. Ausgewä hlte Texte. Griechisch/Deutsch, Stuttgart 2003, 159.

21 Siehe dazu T.J. Saunders, Antiphon the Sophist on Natural Law (B 44 DK), Proceedings of the Aristotelian Society 78, 1977/78, 215–236. D.J. Furley, Antiphon's Case against Justice, in: G.B. Kerferd (Hg.), The Sophists and their Legacy, Hermes. Einzelschriften 44, Wiesbaden 1981, 81–91 (= ders., Cosmic Problems, Cambridge 1989, 66–76); M. Gagarin, The Nature of Proofs in Antiphon, Classical Philology 85, 1990, 22–32.

22 Siehe K. Schöpsdau, Buch VIII-XII (2011), 49f. Die Übersetzungen aus den Nomoi lehnen sich im Folgenden an K. Schöpsdau an.

23 Siehe K. Schöpsdau, a.a.aO., 308.

24 Siehe dazu im Folgenden.

25 Siehe E. Ruschenbusch, Phonos (1960), 137; cf. auch D.L. Cairns, Revenge, Punishment, and Justice in Athenian Homicide Law, Journal of Value Inquiry 49, 2015, 645–665.

26 Den Schadensersatz entwickelt Aristoteles weiter zur Grundlage einer Strafrechtstheorie im V. Buch der Nikomachischen Ethik. Die moderne Rechtspraxis trennt wie Platon das Strafrecht der Verfolgung einer Straftat im Interesse des Staates von der Regelung privater Schadensersatzansprüche des Zivilrechts, die allerdings nach §§ 403ff. der Strafprozessordnung in einem Adhä sionsverfahren mit einem Strafverfahren verknüpft werden können, in dem der Geschä digte im Zusammenhang mit einem Strafverfahren vor Gericht seine Ansprüche geltend macht

27 Lg. 857a fordert dagegen das Duplum des Diebstahls zu zahlen. Da es nach Platon nur ein Diebstahlsgesetz geben soll, kann diese Unausgeglichenheit im Text der Nomoi auf ihren unvollendeten Zustand, dem eine Schlussredaktion fehlt, hinweisen. T.J. Saunders (Plato's Penal Code. Tradition, Controversy, and Reform in Greek Penology, Oxford 1991, 283–285) will darin in Lg. 857 a einen literarischen Kunstgriff sehen, um das folgende Gesprä ch über das Strafrecht in Gang zu bringen und also am Ende falsifiziert zu werden. K. Schöpsdau (Nomoi VIII-XII [2011], 277) will in dem Widerspruch einen Hinweis darauf sehen, “daß das vorliegende Gesetz über den Diebstahl nur vorlä ufigen und versuchsweisen Charakter hat und durch die spä teren Gesetze ersetzt werden soll”. Die Trennung von Schadensersatz und Strafe ist auf jeden Fall Teil des endgültigen Gesetzes.

28 Siehe dazu K. Schöpsdau, Zum Strafrechtsexkurs in Platons Nomoi, Rheinisches Museum für Philologie 127, 1984, 97–132. Durch die auch den einzelnen Gesetzen vorgeschalteten Proömien wird die Grenze zwischen Pä dagogik und Gesetzgebung aufgehoben und die Erziehung zu einer Hauptaufgabe der Gesetzgebung; siehe dazu E. Schütrumpf, Gesetz und Strafrecht, in: C. Horn (Hg.), Platon. Gesetze - Nomoi, Klassiker Auslegen 55, Berlin 2013, (189–207) 190f.; cf. auch die treffende Zusammenfassung des Erziehungsgedankens der Nomoi in W. Jaeger, Paidaia. Die Formung des griechischen Menschen, Bd. III: Das Zeitalter der großen Bildner und Bildungssysteme (Zweiter Teil), Berlin 31959, 289–309.

29 Siehe dazu T. J. Saunders, The Socratic Paradoxes in Plato's Law. A Commentary on 859c-864b, Hermes 96, 1968, 421–434; C. Horn, “Niemand handelt freiwillig schlecht”. Moralischer Intellektualismus in Platons Nomoi?, in: M. van Ackeren (Hg.), Platon verstehen. Themen und Perspektiven, Darmstadt 2004, 168–182; F.L. Lisi, Nemo sua sponte peccat – Platons Begründung des Strafrechts in den Nomoi (IX 859d-864c), in: V. Gerhardt u.a. (Hg.), Die Herrschaft der Gesetze und die Herrschaft des Menschen -Platons “Nomoi”, Politisches Denken. Jahrbuch 2008, 87–107.

30 Cf. R. Weiss, Two Related Contradictions in Laws IX, Scripta Classica Israelitica 22, 2003, 43–65.

31 Siehe dazu K. Schöpsdau, Nomoi VIII-XII (2011), 280f.; ferner E. Schütrumpf, Strafrecht (2013), 202–207.

32 Mit der Unwissenheit, die zu Straftaten führt, verknüpft Platon das Strafrecht in Buch IX mit der Theologie in Buch X (siehe Lg. 886b) und der strafrechtlichen Ahndung der Asebie; zur Diskussion der aus Unwissenheit begangenen Taten siehe M.J. O'Brien, The Socratic Paradoxes and the Greek Mind, Chapel Hill 1967, 191f.; R. Weiss, Contradictions (2003), 58; K. Schöpsdau, Nomoi VIII-IX (2011), 284–288.

33 E. Wolf (Griechisches Rechtsdenken, Bd. IV/2: Platon. Dialoge der mittleren und spä teren Zeit. Briefe, Frankfurt/Main 1970, 265) notiert, dass Platons Unterscheidung von “eigentlichem” Unrecht (adikia) und bloßer Schä digung (blabe) “nicht ganz der heutigen juristischen Begriffsbildung von vorsä tzlicher und fahrlä ssiger Tötung” entspreche, und deshalb sei auch “eine rationale Systematik in diesem wie in jedem anderen Beispielgebiet der ‘NOMOI’ nicht durchgeführt”. Dem ist zu widersprechen, da schon die Parallelisierung der platonischen Begrifflichkeit mit der neuzeitlich-juristischen schief ist, dies aber vor allem nicht Grund dafür sein kann, Platon eine rationale Systematik im Strafrecht abzusprechen.

34 K. Schöpsdau (Nomoi VIII-XII [2011], 314) erwä gt, dass sich in der Sonderstellung des Zorn noch die trichotomische Anthropologie der Politeia niederschlä gt, in der der thymos eine Zwischenstellung zwischen dem Logistikon von phonesis und sophrosyne und dem Epithymetikon von Lust und Begierde hat. In den Nomoi ist allerdings die trichotomische Anthropologie in eine Anthropologie des Konfliktes zwischen rationalem Logistikon und affektivem Epithymetikon, dem der Zorn zugerechnet wird, überführt, wie es im Marionettengleichnis (siehe dazu J. Müller, Der Mensch als Marionette. Psychologie und Handlungstheorie, in C. Horn [Hg.], Platon. Gesetze – Nomoi, Klassiker Auslegen 55, Berlin 2013, 45–66) zum Ausdruck kommt; zur platonischen Rechtsanthropologie siehe unten IV.

35 Im athenischen Recht wurde die Tötung im Affekt als eine vorsä tzliche Tat eingestuft; siehe D.M. MacDowell, Athenian Homicide Law in the Age of the Orators, Manchester 1963, 59f.; W.T. Loomis, The Nature of Premeditation in Athenian Homicide Law, Journal of Hellenic Studies 92, 1972, (86–95) 93; anders E. Cantarella, Phonos me ek pronoias. Contributo alla storia dell' elemento soggettivo nell' atto illecito, in: H.J. Wolff (Hg.), Symposion 1971. Vorträ ge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte, Köln/Weimar/Wien 1975, 293–319; T.J. Saunders, Penal Code (1991), 110. K. Schöpsdau (Nomoi VIII-XII [2011], 317) erwä gt, dass Platons Differenzierung der Tötungsfä lle im Affekt des Zorns auf eine unterschiedliche Behandlung dieser Fä lle im attischen Recht reagiert.

36 Siehe zu diesen Fä llen oben II.

37 Siehe J.T. Saunders, a.a.O., 223f.

38 Der Religion wä re mit der kultischen Reinigung, wie sie bei der unvorsä tzlichen Tötung eines Sklaven ohne Rechtsfolge der Verbannung gefordert wird, Genüge getan. Ob Platon der Seele eines getöteten Sklaven weniger Kraft, die besä nftigt werden muss, zuspricht, ist möglich, doch eher ist auch in diesem Fall die attische Rechtspraxis leitend.

39 Siehe dazu D.I. Cairns, Revenge (2015), 648–650; cf. auch E. Wolf (Rechtsdenken IV/2 [1970], 267), der davon spricht, der Tä ter müsse neben der Pflicht zur kultischen Reinigung auch “danach einem alten Brauch des Sichfernhaltens genügen”.

40 Eine parallele Entwicklung schon im 2. Jahrtausend im Keilschriftrecht schlä gt sich u.a. in den Mittelassyrischen Gesetzen nieder; siehe dazu E. Otto, Rechtsgeschichte der Mittelassyrischen Gesetze (KAV 1), in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte. Gesammelte Studien, BZAR 8, Wiesbaden 2008, 192–309.

41 Cf. K. Schöpsdau, Strafrecht (2012), 4, der darauf hinweist, dass sich schon bei Protagoras die platonische Strafrechtstheorie des Verbrechens als Krankheit ankündigt.

42 Zur Bedeutung der Schriftform der Gesetze in Platons Nomoi siehe M. Gagarin, Le code de Platon et le droit grec, in: E. Lévi (Hg.), La codification des lois dans l'antiquité. Actes du Colloque de Strasbourg 27–29 novembre 1997, Université Marc Bloch de Strasbourg. Travaux du Centre de recherche sur le Proche-Orient et la Grèce antiques 16, Paris 2000, (215–227) 226.

43 Hier schlä gt noch die ursprüngliche Bedeutung von dike als “Zugriffsgewalt” des Geschä digten nieder.

44 Zur Übersetzung von nomima cf. D.M. MacDowell, The Law in Classical Athens, London 1978, 111; K. Schöpsdau, (Nomoi VIII-XII [2011], 329) bringt mit der Übersetzung “gewohnte Plä tze” den Kontext zur Geltung.

45 Das Motiv der Hä fen erstaunt, soll doch Magnesia keinen Hafen haben. Hier wird deutlich, dass Platon hier an attisches Recht anknüpft und für Athen formuliert.

46 Cf. M. Gagarin, Drakon (1981), 111–115.

47 Siehe T.J. Saunders, Penal Code (1991), 183.

48 Siehe dazu E., Otto, Keilschriftrechtlicher Hintergrund von Rechtssä tzen im Buch Deuteronomium, in: K. Kleber/G. Neumann/S. Paulus (Hg.), Grenzüberschreitungen. Studien zur Kulturgeschichte des Alten Orients. FS H. Neumann, dubsar 5, Münster 2018, (471–489) 472–482.

49 Cf. K. Schöpsdau, Nomoi VIII-XII (2011), 338. Zur Tötung durch ein Tier oder einen Gegenstand im attischen Recht siehe D.M. MacDowell, Homicide Law (1963), 85–89.

50 Siehe E. Otto, Rechtsgeschichte der Redaktionen im Kodex EŠnunna und im “Bundesbuch”. Eine redaktionsgeschichtliche und rechtsvergleichende Studie zu altbabylonischen und altisraelitischen Rechtsüberlieferungen, OBO, 85, Fribourg/Göttingen 1989, 123–130

51 Zu Text, Übersetzung und Auslegung von CH §§ 250–251 siehe E. Otto, Körperverletzungen in den Keilschriftrechten und im Alten Testament. Studien zum Rechtstransfer im Alten Orient, AOAT 226, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1991, 149–153.

52 Zu Šarāmu(m) siehe U. Sick, Die Tötung eines Menschen und ihre Ahndung in den keilschriftlichen Rechtssammlungen unter Berücksichtigung rechtsvergleichender Aspekte, Diss. iur. Tübingen, 1984, 123f. sowie AHw 1185.

53 Zu sanāqu(m) siehe AHw 1021 sowie A. Finet, Le Code de Hammurabi. Introduction, traduction et annotation, Paris 21983, 124.

54 Siehe dazu E. Otto, Wandel der Rechtsbegründungen in der Gesellschaftsgeschichte des antiken Israel. Eine Rechtsgeschichte des “Bundesbuches” Ex XX 22–XXIII 13, Studia Biblica 3, Leiden/New York 1988, 24–31; ders., Körperverletzungen in den Keilschriftrechten (1991), 153–164.

55 Zu Text, Übersetzung und Auslegung siehe E. Otto, Kodex EŠnunna (1989), 111–118.

56 Siehe dazu E. Otto, Deuteronomium 12,1–23,15 (2016), 1699–1701.

57 Zur Tötung durch Tier oder Gegenstand im attischen Recht siehe D.M. MacDowell, Homicide Law (1963), 85–89; K. Schöpsdau, Nomoi VIII-XII (2011), 338f.

58 Siehe auch E. Wolf (Rechtsdenken IV/2 [1970], 269), der notiert, Platon habe als Nomothet “wohl aus Rücksicht auf die Tradition” die Tötung durch Tiere und unbeseelte Dinge bestehen lassen.

59 Siehe dazu unten IV.

60 Siehe K. Schöpsdau, Nomoi VIII-XII (2011), 344f.

61 Siehe T.J. Saunders, Penal Code (1991), 259 Anm. 5 mit Hinweis auf Lysias 6.15.

62 Siehe D.M. MacDowell, Law (1978), 123f.; T.J. Saunders, a.a.O., 259.

63 Diese Fä lle sind in Lg. 874c mit dem nä chtlich in das Haus einbrechenden Dieb, einem Rä uber in Notwehr, dem Vergewaltiger der Ehefrau oder des eigenen Kindes in flagranti delicto oder nach der Tat benannt.

64 Siehe E. Otto, Körperverletzungen (1991), 138–146.

65 Die vorsä tzliche Körperverletzung von Sklaven und Metöken durch Bürger Magnesias wird nicht thematisiert, wohl weil analog zu Lg. 872c im Blutrecht verfahren werden soll. Der Fall der vorsä tzlichen Verletzung eines Sklaven schließt als Fall extremer Variation und als Grenzfall die Verletzung eines Metöken in den Analogieschluss mit ein.

66 Siehe T.J. Saunders, Penal Code (1991), 261.

67 Siehe dazu H. Barta, Die Entstehung der Rechtskategorie “Zufall”. Ein Beitrag zur Entwicklung des haftungsrechtlichen Zurechnungsinstrumentariums im antiken Griechenland und dessen Bedeutung für die europä ische Rechtsentwicklung, in: ders./ T. Mayer-Maly/F. Raber (Hg.), Lebend(ig)e Rechtsgeschichte. Beispiele antiker Rechtskulturen: Ägypten, Mesopotamien und Griechenland, Wien 2005, (16–115) 82. Siehe auch oben II. zu Antiphon.

68 Möglicherweise liegt hier ein Stichwortzusammenhang mit dem vorangehenden Kontext vor. Dafür spricht, dass Lg. 879b-d als Übergang zur Realinjurie an die Körperverletzung von Eltern durch ihre Kinder in Lg. 878c anknüpft. Man kann nur spekulieren, ob, wä re Platon noch eine Überarbeitung der Nomoi möglich gewesen, diese Regelung in dieser durch den Kontext gesteuerten Form Bestand gehabt hä tte.

69 Siehe D.M. MacDowell, Law (1978), 123; cf. auch T.J. Saunders, Penal Code (1991), 268.

70 Siehe D.M. MacDowell, a.a.O., 129f.

71 Siehe D.M. MacDowell, a.a.O., 92.

72 Siehe D.M. MacDowell, a.a.O., 73–75; T.J. Saunders, Penal Code (1991), 268.

73 Zur Dichotomie der Seele in der platonischen Anthropologie, die sich aus der trichotomischen Anthropologie, wie sie die Politeia prä gt, entwickelt hat, siehe S. Sharafat, Elemente von Platons Anthropologie in den Nomoi, EHS XX/557, Frankfurt/Main 1998, 43–53; C. Bobonich, The Puzzles of Moderation, in: C. Horn (Hg.), Platon. Gesetze – Nomoi, Klassiker Auslegen 55, Berlin 2013, 23–43.

74 Siehe dazu M. Bordt, Platons Theologie, Symposion 126, Freiburg/Breisgau 2006; ders., Die theologische Fundierung der Gesetze, in: C. Horn (Hg.), Platon. Gesetze – Nomoi, Klassiker Auslegen 55, Berlin 2013, 209–226.

75 Zur Interpretation des Marionettengleichnisses siehe C. Gaudin, Humanisation de la marionette, Platon, Leg. I 644c-645d, VIII 803c-804c, Elenchos 23, 2002, 271–295; W. Mesch, Marionette Mensch und ganze Tugend. Zur Bedeutung eines Gleichnisses aus Platons Nomoi, in: D. Barbarić (Hg.), Platon über das Gute und die Gerechtigkeit, Würzburg 2005, 93–107; J. Laurent, Fil d'or et fils de fer. Sur l'homme marionette dans le livre I des Lois de Platon (644c-645a), Archives de philosophie 69, 2006, 461–473; D. Frede, Puppets on Strings, in: C. Bobonich (Hg.), Plato's Laws. A Critical Guide, Cambridge 2010, 108–126.

76 Siehe dazu K. Schöpsdau, Nomoi I–III (1994), 233f. Wird der Mensch als Marionette der Götter bezeichnet, so wird ein Bogen von der Anthropologie zur Theologie im X. Buch geschlagen, insofern sich auch in den Gesetzen die göttliche Vernunft, die dem Logistikon der Seele des Menschen zu Hilfe kommt, zeigt. Das Gleichnis geht aber insofern nicht vollstä ndig in der Aussageintention des tertium comparationis auf, insofern ein Ziehen der Götter an den eisernen Fä den des Epithymetikon nicht intendiert ist, was einem dualistischen Gottesbegriff Raum geben würde. Die Idee der “bösen Weltseele” wird im X. Buch der Nomoi nur als Gedankenexperiment eingeführt im Kontext der Warnung, die Anthropologie des Konflikts in der Seele auf den Kosmos zu projizieren, da, so die Beweisführung, die Weltseele nicht böse sein kann.

77 Erst eine christliche Akkulturation der platonischen Philosophie konnte hier zu einem anderen Ergebnis mit Hinweis auf Christus kommen.

78 Siehe dazu S. Sharafat, Anthropologie in den Nomoi (1998),97–103.

79 Zur werkbiographischen Einordnung des Politikos-Dialogs siehe F. Ricken, Platon. Politikos, Platon. Werke. II/4, Göttingen 2008, 231–233.

80 Zur Übersetzung siehe F. Ricken, a.a.O., 27–31.

81 Zur Beziehung des Kronos- Zeus-Mythos zum Timaios siehe F. Ricken, Politikos (2008), 127f.

82 Es gehört zum Wesen von Utopien, Züge einer idealisierten Vergangenheit gegen ihre jeweilige Zeit kritisch im Namen einer besseren Zukunft ins Feld zu führen. Das erklä rt auch die konservativen Züge in Platons Nomoi, so wenn er die Oikos-Wirtschaft der vorklassischen Zeit gegen die Ökonomie Athens im 4. Jahrhundert kritisch ins Feld führt; zur ökonomischen Ordnung in Platons Nomoi siehe G.R. Morrow, Plato's Cretan City. A Historical Interpretation of the Laws, Princeton 21993, 95–152; A. Schriefl, Platons Kritik an Geld und Reichtum, Beiträ ge zur Altertumskunde 309, Berlin/Boston 2013; dies., Die Wirtschaftsordnung und die richtige Einstellung zu Besitz und Reichtum, in: C. Horn (Hg.), Platon. Gesetze – Nomoi, Klassiker Auslegen 55, Berlin 2013, 105–122; E. Otto, An Outline of Literary Strategies for a Just Society in Plato's Nomoi and in the Book of Deuteronomy, Festschrift Eben Scheffler, Pretoria 2018 (im Druck).

83 Siehe dazu T.J. Saunders, Penal Code (1991), 55–61; zu ä gyptischen Einflüssen auf Orphik und Mysterienreligionen in Griechenland siehe W. Burkert, Die Griechen und der Orient. Von Homer bis zu den Magiern, München 22004, 79–109.

84 Siehe dazu M. Bordt, Platons Theologie (2006), 187–209.

85 Siehe K. Schöpsdau, Nomoi VIII-XII (2011), 441.

86 Siehe dazu F. Ricken, Politikos (2008), 129f.

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