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Zum ost-westlichen Rechtstransfer im antiken Mittelmeerraum. Ein Bericht über zwei Forschungsprojekte in Innsbruck und Basel


Seiten 336 - 349

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.14.2008.0336




München

1 Rezensionsartikel zu Robert Rollinger und Heinz Barta in Verbindung mit Martin Lang, Rechtsgeschichte und Interkulturalität. Zum Verhältnis des östlichen Mittelmeerraumes und „Europas‟ im Altertum, Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen 19, Wiesbaden: Harrassowitz 2007, XI + 226 S., sowie Leonhard Burckhardt, Klaus Seybold, Jürgen von Ungern-Sternberg (Hg.), Gesetzgebung in antiken Gesellschaften. Israel, Griechenland, Rom, Beiträge zur Altertumskunde 247, Berlin/New York: de Gruyter 2007, XI + 246 S.

2 Es ist signifikant, dass dort, wo von einem „common law‟ im Alten Orient zwischen dem 3. und 1. Jt. ausgegangen wird – so R. Westbrook, The Character of Ancient Near Eastern Law, in: ders. (Hg.), A History of Ancient Near Eastern Law, HdO 72/1, Leiden/Boston 2003, 1ff. –, gleichzeitig das Recht von anderen Kulturbereichen isoliert wird; siehe dazu Verf., Recht ohne Religion. Zur „Romanisierung‟ der altorientalischen Rechtsgeschichte im „Handbuch der Orientalistik‟, in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte. Gesammelte Studien, Wiesbaden 2008, 185–191.

3 Nur in der Forschung zur biblischen Rechtsgeschichte hat die Frage des Rechts, insbesondere des mesopotamischen Rechts, seit dem frühen 20. Jh. mit dem Fund der Rechtssammlung des Hammurapi eine Rolle gespielt, ist aber auch in jüngster Zeit verstärkt wieder bedeutsam geworden; siehe Verf., Die biblische Rechtsgeschichte im Horizont des altorientalischen Rechts, in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte (BZAR 8), 56-82, mit weiterer Literatur.

4 Siehe H. Barta/Th. Mayer-Maly/F. Raber, Lebend(ig)e Rechtsgeschichte. Beispiele antiker Rechtskulturen: Ägypten, Mesopotamien und Griechenland, Recht und Kultur 1, Wien 2005.

5 R. Westbrook hat diese These dann auf den Raum des Alten Orients übertragen. Die von I. Weiler vorgebrachten Vorbehalte gelten entsprechend. Zur notwendigen Kritik an der Darstellung des Prozessrechts im HdO siehe in dem hier vorzustellenden Band in dem Beitrag von G. Thür, 191f. Es stellt sich also nicht nur die von I. Weiler gestellte Frage für die Rezeptionswege zwischen west- und ostmediterranen Rechtssystemen, sondern auch innerhalb der ostmediterranen Rechtsprovinzen unter Einschluss Judas. Siehe dazu M. Malul, The Comparative Method in Ancient Near Eastern and Biblical Legal Studies, AOAT 227, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1990; Verf., Körperverletzungen in den Keilschriftrechten und im Alten Testament. Studien zum Rechtstransfer im Alten Orient, AOAT 226, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1991, jeweils passim; ders., Legal Reforms and Reformulations in Ancient Cuneiform and Israelite Law, in: ders., Altorientalische und Biblische Rechtsgeschichte (BZAR 8), 341–366.

6 Siehe H. Petschow, Die neubabylonische Zwiegesprächsurkunde und Genesis 23, JCS 19, 1965, 103–120.

7 Siehe aber auch unten Anm. 11.

8 Siehe G. Thür, Rechtsstreit im archaischen Griechenland. Parallelen im Alten Orient?, in: M. Witte/M. Th. Fögen (Hg.), Kodifizierung und Legitimierung des Rechts in der Antike und im Alten Orient, BZAR 5, Wiesbaden 2005, 29–44.

9 Siehe H. J. Wolff, Der Ursprung des gerichtlichen Rechtsstreits bei den Griechen, in: ders., Beiträge zur Rechtsgeschichte Altgriechenlands und des hellenistisch-römischen Ägyptens, Weimar 1961, 1–90.

10 Siehe dazu Verf., Das keilschriftliche Prozessrecht, in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte (BZAR 8), 310-329, mit weiterer Literatur zum babylonischen und assyrischen Prozessrecht.

11 Siehe den Beitrag von H. Neumann in diesem Band, 26.

12 Das allerdings lässt fragen, ob es in seleukidischem Kontext kein derartiges Recht gab, oder der Eindruck des Konservativismus im babylonischen Recht in hellenistischer Zeit (siehe oben den Beitrag von H. Neumann) dadurch zustande kommt, dass nur die Urkunden in Keilschrift auf Tafeln erhalten sind, die also eine Wahl für das indigene Recht voraussetzen, während die Urkunden in griechischer Sprache, die auf Leder oder Papyrus geschrieben worden sind, verloren gingen.

13 Siehe H. Wolff, Rechtsexperten in der griechischen Antike, in: Festschrift für den 45. Deutschen Juristentag, Karlsruhe 1964, 7.

14 Das gilt in gewisser Weise auch für das Keilschriftrecht, das alles andere als statisch war; siehe dazu Verf., Rechtsgeschichte der Redaktionen im Kodex Ešnūnna und im „Bundesbuch‟. Eine redaktionsgeschichtliche und rechtsvergleichende Studie zu altbabylonischen und altisraelitischen Rechtsüberlieferungen, OBO 85, Fribourg/Göttingen 1989; ders., Die Rechtsgeschichte der Mittelassyrischen Gesetze (KAV 1), in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte (BZAR 8), 192-309, jeweils auch mit weiterer Literatur. Auch hier ist der hohe Grad der intellektuellen Komplexität des Rechtsdenkens hervorzuheben, sofern nur die Methoden der Redaktion der Rechtssätze erkannt werden.

15 Siehe P. A. Miglus, Der Thronpodest des Salmanassar III. aus Kalhu und die damalige babylonische Politik der Assyrer, in: R. Dittmann u. a. (Hg.), Variatio delectat. Iran und der Westen. Gedenkschrift für Peter Calmeyer, AOAT 272, Münster 2000, (447–467) 447–449.

16 Siehe K. Seybold/J. von Ungern-Sternberg, Amos und Hesiod. Aspekte eines Vergleichs, in: K. A. Raaflaub (Hg.), Anfänge politischen Denkens in der Antike, Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 24, München 1993, 215–239.

17 Siehe L. Pospišil, Anthropologie des Rechts. Recht und Gesellschaft in archaischen und modernen Kulturen, München 1982. Die rechtsanthropologische Grundlegung führt allerdings dazu, dass L. Burckhardt die drei zu beschreibenden Corpora vorschnell als zu veröffentlichende Rechtssammlungen parallelisiert, ohne darauf zu achten, dass er sehr Unterschiedliches vergleicht. Das Deuteronomium war im Ursprung ein Programmtext, der in kleinen Zirkeln tradiert wurde und erst durch die babylonische Katastrophe zu einem „öffentlichen‟ Text werden sollte. Umgekehrt ist auch fraglich, ob es überhaupt eine Sammlung eines XII-Tafel-Gesetzes in der hier vorausgesetzten Form je gegeben hat, was durch M. Th. Fögen, Das römische Zwölftafelgesetz. Eine imaginierte Wirklichkeit, in: dies./M. Witte (Hg.), Kodifizierung und Legitimierung des Rechts in der Antike und im Alten Orient, BZAR 5, Wiesbaden 2005, 45–70, bestritten wird. Erstaunlich ist schließlich, dass L. Burckhardt das Deuteronomium als Ergebnis mehrerer Redaktionen sieht, „die aus den jahwistischen, elohistischen und priesterlichen Schriften den überlieferten Text zusammenfügen‟. Schließlich ist erstaunlich, dass L. Burckhardt die Monographie von A. Hagedorn, Between Moses and Plato. Individual and Society in Deuteronomy and Ancient Greek Law, FRLANT 204, Göttingen 2004, zum systematischen Vergleich der Gesetze von Gortyn mit denen des Deuteronomiums entgangen ist und er sich stattdessen nur auf den knappen Vorbericht von A. Hagedorn, Gortyn – Utilising an Archaic Greek Law Code for Biblical Research, ZAR 7, 2001, 217–242, beschränkt.

18 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass im Kontext des Alten Orients die Redaktionstechniken von Rechtssammlungen rezipiert worden sind, ohne dass die entsprechenden Inhalte übernommen wurden. Siehe Verf., Kodifizierung und Kanonisierung von Rechtssätzen in keilschriftlichen und biblischen Rechtssammlungen, in: ders., Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte (BZAR 8), 83–119.

19 Siehe oben in diesem Beitrag.

20 Siehe dazu Verf., Krieg und Frieden in der Hebräischen Bibel und im Alten Orient, ThFr 18, Stuttgart 1999, 98ff.

21 Siehe G. Thür, Gab es ‚Rechtscorpora’ im archaischen Griechenland?, in: M. Witte/M. Th. Fögen, Kodifizierung und Legitimation (BZAR 5), 9–27.

22 Siehe den Beitrag von G. Thür im Band des Innsbrucker Forschungsvorhabens zum Reinigungseid im archaischen Griechenland; siehe oben in diesem Beitrag.

23 Siehe dazu Verf., Das Deuteronomium im Pentateuch und Hexateuch. Studien zur Literaturgeschichte von Pentateuch und Hexateuch im Lichte des Deuteronomiumrahmens, FAT 30, Tübingen 2000, 195–211, mit weiterer Literatur.

24 Siehe J. Chr. Gertz, Die Gerichtsorganisation Israels im deuteronomischen Gesetz, FRLANT 165, Göttingen 1994; Verf., Das Deuteronomium. Politische Theologie und Rechtsreform in Juda und Assyrien, BZAW 284, Berlin/New York 1999, 238ff.

25 Hier wäre eine stärkere literatur- und rechtshistorische Differenzierung im Deuteronomium wünschenswert gewesen; siehe dazu Verf., False Weights in the Scales of Biblical Justice? Different Views of Women from Patriarchal Hierarchy to Religious Equality in the Book of Deuteronomy, in: V. H. Matthews/B. M. Levinson/T. Frymer-Kensky (Hg.), Gender and Law in the Hebrew Bible and the Ancient Near East, JSOT.S 262, 2. Aufl., London/New York 2005, 128–146, mit weiterer Literatur.

26 Siehe Verf., Theologische Ethik des Alten Testaments, ThW 3/2, Stuttgart 1994, 72–82; ders., Die Geschichte der Talion im Alten Orient und Israel, in: ders., Kontinuum und Proprium. Studien zur Sozial- und Rechtsgeschichte des Alten Orients und des Alten Testaments, OBC 8, Wiesbaden 1996, 75–93.

27 Siehe Verf., Körperverletzungen in den Keilschriftrechten und im Alten Testament (AOAT 226), 118-137. Entsprechend ist auch die talionische Formel in Dtn 19,21 nur als symbolischer Ausdruck der Korrespondenz zwischen den erwartbaren Rechtsfolgen aufgrund eines Falschzeugnisses und der entsprechenden Konsequenz für den falschen Zeugen eingesetzt.

28 Siehe Verf., Von der Gerichtsordnung zum Verfassungsentwurf. Deuteronomische Gestaltung und deuteronomistische Interpretation im „Ämtergesetz‟ Dtn 16,18-18,22, in: I. Kottsieper u. a. (Hg.), „Wer ist wie du, Herr, unter den Göttern?‟ Studien zur Theologie und Religionsgeschichte Israels. FS O. Kaiser, Göttingen 1994, 142–155; J. Chr. Gertz, Gerichtsorganisation (FRLANT 165), 28ff.

29 Siehe dagegen Verf., Gottes Recht als Menschenrecht. Rechts- und literaturhistorische Studien zum Deuteronomium, BZAR 2, Wiesbaden 2002, 195ff., insbes. 219–224.

30 Siehe dazu J. Stackert, Rewriting the Torah. Literary Revision in Deuteronomy and the Holiness Legislation, FAT 52, Tübingen 2007, 31–112; siehe dazu Verf., Ersetzen oder Ergänzen von Gesetzen in der Rechtshermeneutik des Pentateuch. Zu einem Buch von Jeffrey Stackert (in diesem Jahrgang der ZAR).

31 Es ist auffällig, dass die Literaturliste, die die Autorin ihrem Beitrag, der ohne die einschlägige Literatur zu rezipieren und zu diskutieren auskommt, anfügt, wichtige Beiträge nicht nennt, so die juristische Dissertation von Chr. Traulsen, Das sakrale Asyl. Zur Schutzfunktion von König Salomo bis zum Codex Theodosianus, Tübingen 2004 (siehe dazu die Rezension in ZAR 10, 2004, 379–381), oder von A. Ruwe, Das Zusammenwirken von „Gerichtsverhandlung‟, „Blutrache‟ und „Asyl‟, ZAR 6, 2000, 190–221; M. Staszak, Die Asylstädte im Alten Testament, ÄAT 65, Wiesbaden 2006.

32 So Verf., Das Deuteronomium (BZAW 284), 250–257.

33 Wenn A. Chamiotis davon das Asyl in „Israel‟ mit dem Argument abhebt, hier sei der König Schirmherr des Asyls, so widerspricht das den biblischen Rechtskorpora.

34 Ein Bemühen, verstärkt zwischen Erfolgshaftung und Verschuldenshaftung zu differenzieren, lässt sich auch im biblischen Recht beobachten.

35 Siehe A. Hagedorn, Moses and Plato (FRLANT 204).

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