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u4-ba, ina ūmī ullûti, inūmīšu - In illo tempore. Zur Begründung und Legitimation von Recht aus dem Mythos


Seiten 17 - 28

DOI https://doi.org/10.13173/zeitaltobiblrech.12.2006.0017




Innsbruck

1 Das Zitat „Altes Recht ist gutes Recht“ verdanke ich einem meiner früheren Lehrer, Prof. Louis Morsac, der es in seiner Vorlesung über die Deutsche Rechtsgeschichte geprägt hat.

2 Jüngst hat Hannes Galter, Sargon der Zweite. über die Wiederinszenierung der Geschichte. in: Robert Rollinger und Brigitte Truschnegg (Hg.), Altertum und Mittelmeerraum: Die antike Welt diesseits und jenseits der Levante. Festschrift für Peter W. Haider zum 60. Geburtstag, Stuttgart (Oriens et Occidens), 2006 (in Vorbereitung), in seinen einleitenden Bemerkungen zu diesem Thema Stellung genommen.

3 Vgl. Jan van Dijk, Le motif cosmique dans la pensée Sumérienne. In: Acta Orientalia 28/1–2 (1964) 1–59, hier 20.

4 Die Ursprünge erzählender Dichtung mit mythologischem Inhalt sind sehr früh faßbar, aber schon in ihnen sind literarische Formen zu erkennen, die sich in Ur III- und altbabylonischen Abschriften wiederfinden und die dann auch die akkadische Literatur prägen. Vgl. Karl Hecker, Untersuchungen zur akkadischen Epik (AOAT Sonderreihe 8). Kevelaer 1974, 9–11.

5 Die monographische Bearbeitung erfolgte durch Aaron Shaffer, Sumerian Sources of the Tablet XII of the Epic of Gilgamesh. Philadelphia 1963. Der hier präsentierte Text folgt der Edition im ETCSL c.1.8.1.4, datiert vom 2006-01-27.

6 u l i. Sinne von „zeitlich weit entfernt“ vgl. akk. siātu.

7 Vgl. Robert D. Biggs, The Abū Ṣalābīkh Tablets. A Preliminary Survey. In: JCS 20 (1966) 73–88, 81; Manfred Krebernik, Die Texte aus Fāra und Tell Abū Ṣalābīḫ. In: Josef Bauer – Robert K. Eglund – Manfred Krebernik, Mesopotamien. Späturuk-Zeit und frühdynastische Zeit. Annäherungen 1 (OBO 160/1) Fribourg 1998, 237–427, hier 322–323.

8 Vgl. Krebernik (s. Anm. 7) 317.

9 Jan van Dijk, Le motif (s. Anm. 3), hier 20.

10 Der Hauptsatzkomplex kann hier gar nicht einmal beleuchtet werden, vielmehr bewegen wir uns in dem von Michael Streck bezeichneten Temporalsatzkomplex, der „einen individuellen vorzeitigen, der Hauptsatz einen individuellen gleichzeitigen Hintergrund“ bezeichnet. Vgl. Michael Streck, Die Prologe der sumerischen Epen. In: Orientalia 71 (2002) 189–266, 195–196.

11 Manfried Dietrich, ina umi ullûti „An jenen (fernen) Tagen“. Ein sumerisches kosmogonisches Mythologem in babylonischer Tradition. In: Ders. – Oswald Loretz (Hg.), Vom Alten Orient zum Alten Testament. Festschrift für Wolfram Freiherr von Soden zum 85. Geburtstag am 19. Juni 1993 hat im Gefolge der prägenden Arbeit von Jan van Dijk, Le motif (vgl. Anm. 3), anhand von mehreren Textbeispielen nachweisen können, daß diese Theologie ursprünglich in Nippur beheimatet und gestaltgebend für diese lange Tradition ist.

12 Text: Enūma Eliš. The Babylonian Epic of Creation. The Cuneiform Text. Text established by W. G. Lambert and copied out by Simon B. Parker. Oxford 1969; nun aber auch: Philippe Talon, The standard Babylonian creation myth: Enūma Eliš. Introduction, cuneiform text, transliteration, and sign list with a translation and glossary in French (SAA. Cuneiform texts 4). Helsinki 2005.

13 Ein (mögliches) Stilmittel akadischer Epik ist die Einleitung durch einen mit inūma beginnenden Temporalsatz. „Noch zielstrebiger kann man kaum beginnen, eine Geschichte zu erzählen“ (Claus Wilcke, die Anfänge der akkadischen Epen. In: ZA 67 (1977) 153–216, 159).

14 Galter, Sargon (siehe Anm. 2).

15 Zur umstrittenen Lesung dieses Herrschernamens vgl. Dietz Otto Edzard, Irikagina (Urukagina). In: Piotr Michalowski - Piotr Steinkeller et al (Edd.), Velles Paraules. Ancient Near Eastern Studies in Honor of Miguel Civil (AuOr 9 [1991]), 77–79.

16 Text: Horst Steible, Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften, Teil 1. Inschriften aus Lagaš (FAOS 5), Wiesbaden 1982, 298. Zur wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Einordnung siehe Blahoslav Hruška, Die innere Struktur der Reformtexte Urukaginas von Lagaš. In: ArOr 41 (1973) 104–132, hier 126–127.

17 Wie die hier mit der Dimension des Ablativs versehene Wendung u 4 - b i - t a „von jenem Tag (‘weg’)“ zu beurteilen ist, stellt ein Problem sui generis dar. U4 - b i - t a ist nach Jacobsen eine Nominalisierung einer ursprünglichen Satzkonstruktion: „u d - b i - t a ‘in/since those days’ has been nominalized and has become a word, meaning ‘yore’, ‘the past’“ (Thorkild Jakobsen, Notes on the Sumerian Genetive. In: JNES 32 (1973) 161–166, hier 162, Anm. 20).

18 Die übersetzung hier gestaltet sich als schwierig. Nach Gene Gragg, Sumerian dimensional infixes (Alter Orient und Altes Testament / Sonderreihe 5). Kevelear 1973, 19, ist g a r + š e (dimensionales Infix) gar nicht möglich. Marie-Louise Thomsen, The Sumerian Language (Mesopotamia 10). Copenhagen 1984, 105, übersetzt mit „re-establish“.

19 Blahoslav Hruška, Struktur (s. Anm. 16), hier 105. Zu p i - l u 5- d a siehe parṣu – „rite“, „ritual“, „(temple) office“, „decision“, „command“, „decree“, „custom“, „practice“ (CAD 12, 196) und pilludû – „ritual“ (CAD 12, 377).

20 So etwa auch Gertrud Farber-Flügge, Der Mythos „Inanna und Enki“ unter besonderer Berücksichtigung der Liste der me (Studia Pohl, Dissertationes Scientificae de Rebus Orientis Antiqui 10). Rome 1973, 176.

21 Vgl. zur altbabylonischen Konstruktion inūma … inū. Tikva Zadok, The use of the subordinating particles inumi/inu/inuma „when“ in Old Babylonian royal inscriptions. In: Izre'el Shlomo -Itamar Singer - Ran Zadok (Hg.), Past links. Studies in the languages and cultures of the ancient Near East. [FS Anson F. Rainey]. (Israel oriental studies 18). Winona Lake 1998, 19–32.

22 Vgl. Hans Neumann, Der Beitrag Mesopotamiens zur Rechtsgeschichte - Bürgschaft und Pfand als Mittel der Vertragssicherung. in: Heinz Barta - Theo Mayer-Maly - Fritz Raber (Hrsg.), Lebend(ig)e Rechtgeschichte. Beispiele antiker Rechtskulturen: ägypten, Mesopotamien und Griechenland (Recht und Kultur 1). Wien 2005, 181–204, 186.

23 In der Folge berufe ich mich auf die Edition und die Bearbeitung von Claus Wilcke, Der Codex Urnamma (CU). Versuch einer Rekonstruktion. In: Tzvi Abusch (Hg.), Riches Hidden in Secret Places. Ancient Near Eastern Studies in Memory of Thorkild Jacobsen. Winona Lake 2002, 291–333.

24 Jerrold Cooper, Paradigm und Propaganda. in: Mario Liverani (Hg.), Akkad. The first World Empire. Structure, Ideology, Traditions (HANE/S 5). Padua 1993, 11–24, hier 13.

25 Vgl. dazu auch den Aufsatz von Gebhard Selz, Vom „vergangenen Geschehen“ zur „Zukunftsbewältigung“. überlegungen zur Rolle der Schrift in ökonomie und Geschichte. In: Barbara Böck -Eva Cancik-Kirschbaum -Thomas Richter (Hg.), Munuscula Mesopotamica. Festschrift für Johannes Renger (Alter Orient und Altes Testament 267). Münster 1999, 465–412.

26 Akk. kīttu, „Treue, Wahrheit, Konstanz“.

27 Akk. mīšarum, „Gerechtigkeit“.

28 Zum orientalischen Garten und den mit ihm verbundenen Ideologemen siehe jüngst: Jean-Jacques Glassner, à propos des Jardins Mésopotamiens. In: Rika Gyselen (Hg.), Jardins d'Orient (Res Orientales 3). Paris 1991, 9–17; Reinhold Bichler - Robert Rollinger, Die Hängenden Gärten zu Ninive - Die Lösung eines Rätsels? In: Robert Rollinger (Hg.), Von Sumer bis Homer. Festschrift Manfred Schretter zur Vollendung des 60. Lebensjahres (AOAT 205). Münster 2004, 153–217; Martin Lang, ägypten durch die babylonische Brille. Dtn 11,10 und eine merkwürdige Parallele aus dem sumerischen Teilepos Gilgameš, Enkidu und die Unterwelt. In: Jahrbuch des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes 9 (2003/04) 57–65; Pierre Briant, à propos du roi-jardinier: remarques sur l'histoire d'un dossier documentaire. In: Wouter Henkelman - Amelie Kuhrt (edd.), A Persian perspective. Essays in memory of Heleen Sancisi-Weerdenburg (AchHist XIII), Leiden (2003), 33–49. Udo Rüterswörden, Erwägungen zur alttestamentlichen Paradiesvorstellung. In: ThLZ 123 (1998) 1153–1162; David Stronach, The Garden as apolitical statement. In: Bulletin of the Asia Institute 4 (1990) 171–180;

29 Zu Fest und Ritual im Alten Orient: Christian Cannuyer (Hg.) La fête dans les civilisations orientales (Acta orientalia Belgica 10 [1995/96]). Bruxelles 1997; Beate Pongratz-Leisten, ina šulmi īrub. Die kulttopographische und ideologische Programmatik der Akītu-Prozession in Babylonien und Assyrien im 1. Jahrtausend v. Chr (Baghdader Forschungen 16). Mainz 1994. Jan Assmann, Der zweidimensionale Mensch. Das Fest als Medium des kollektiven Gedächtnisses. In: Ders. (Hg.), Das Fest und das Heilige. (Studien zum Verstehen fremder Religionen 1). Gütersloh 1991, 13–30. Beachtenswert und für die Altorientalistik durchaus fruchtbar zu machen sind auch die Versuche Georg Brauliks, die Theorie vom Fest mit der Alttestamentlichen Bibelwissenschaft in Verbindung zu bringen, z.B.: Georg Braulik, Von der Lust Israels vor seinem Gott. Warum Kirche aus dem Fest lebt. In: Studien zum Deuteronomium und seiner Nachgeschichte (Stuttgarter biblische Aufsatzbände 33). Stuttgart 1999/2001, 91–112.

30 Dies schlägt sich auch sprachlich nieder: (Wieder-)Herstellung von Ordnung und (Re-)Etablierung von Recht wird immer wieder mit Wendungen beschrieben, wie ki-bi-šè gi4 / ana ašrīšu turru - „ (etwas) an seinen (angestammten) Ort zurückführen“. Vgl. dazu Stefan Maul, Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt. In: Gernot Wilhelm (Hrsg.), Die Orientalische Stadt: Kontinuität, Wandel, Bruch. 1. Internationales Colloquium der Deutschen Orient-Gesellschaft, 9.-10. Mai 1996 in Halle/Saale (CDOG 1) 1997, 109–124, hier bes. 112.

31 Edition des Keilschrifttextes: Francis R. Steele, The Code of Lipit-Ishtar (Museum Monographs). Philadelphia 1948. Text und englische übersetzung: Martha T. Roth, Law collections from Mesopotamia and Asia Minor (Society of Biblical Literature Writings from the Ancient World 6). Atlanta 21997, 23–35, hier 24–25.

32 Zeilenzählung nach Steele (s. Anm. 30), 10.

33 Höchstwahrscheinlich steht u4-ba auch noch als überleitung zum Gesetzesteil selbst, also unmittelbar vor dem ersten tukum-bi. Vgl. Roth (s. Anm. 30) 26.

34 Rykle Borger, Der Codex Hammurapi. In: TUAT I/1. Gütersloh 982, 39–80, hier 39.

35 Vgl. dazu Zadok (s. Anm. 21) 20, 22.

36 Vgl dazu Maul (s. Anm. 30), 115–116.

37 Klaus Koch, Qädäm. Heilsgeschichte als mythische Urzeit im Alten (und Neuen) Testament. In: Ders., Spuren des hebräischen Denkens. Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Gesammelte Aufsätze Band 1. Herausgegeben von Bernd Janowski und Martin Krause. Neukirchen-Vluyn 991, 248–280, hier: 275–276. [Erstveröffentlichung: Jan Rohls (Hg.) Vernunft des Glaubens. Wissenschaftliche Theologie und kirchliche Lehre. Festschrift zum 60. Geburtstag von Wolfhart Pannenberg. Göttingen 1988, 253–288].

38 Transliterierter Text: Emile Szlechter, Codex Hammurapi (Pontificium Institutum Utriusque Iuris Studia et Documenta 3). Romae 1977, 17–18.

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